Reif für die Insel

Heute beginnt Woche zwei nach den Sommerferien – und ich traue mich kaum zu fragen, wer schon alles wieder „reif für die Insel“ ist. Ich gebe zu – so gern ich meinen Job mache – dass ich ab und an in den Kalender schiele und schaue, wie viele Wochen es noch bis zu den nächsten Ferien sind. Jetzt sind es noch acht. Dann kommt die Pause.

Bete, arbeite, ruhe dich aus!

Freie Tage sind etwas Schönes. Wir brauchen sie, um auftanken zu können und die „Seele baumeln zu lassen“. Das hat Gott übrigens auch getan. „Denn in sechs Tagen hat der Herr Himmel und Erde geschaffen, doch am siebenten Tag ruhte er aus und erholte sich“, heißt es im 2. Mose 31, 17. Wenn Gott sich erholt hat, dann ist es gut und richtig, dass ich mich auch erhole. Dann gilt nicht 24/7 die alte Mönchsregel „ora et labora“ (bete und arbeite), sondern „ora, labora et requiem“ (bete, arbeite und ruh dich aus – mach mal Pause – Ich hoffe, es scheint nicht so richtig durch, dass die Latein-Stunden nicht die Stunden waren, in denen ich am fruchtbarsten gearbeitet habe.)

Sonntag – Ruhetag?

Leider sind die Sonntage heutzutage oft nicht besonders erholsam, ganz egal, ob ich ein Kirchgänger bin oder nicht. Selbst in dieser Zeit, in der wir als Familie wegen Corona die Kinder- und Erwachsenen-Gottesdienste im Wohnzimmer per Stream schauen, ist es oft stressig.

Und überhaupt ist der Sonntag oft mit Terminen vollgestopft: von Verabredungen über Spieltage der Kinder bis hin zu Erledigungen, die man in der Woche „halt nicht schafft“. Und dann kommt der Montag allzu schnell und wir sind alles andere als erholt.

Gedanken-Experiment

Ich erlaube mir ein Gedanken-Experiment: Wenn Gott einen Tag in der Woche wirklich ausruhte und sich erholte – und uns das an Sonntagen ja kaum möglich ist, warum dann nicht die Tage sammeln und als Urlaub abgelten? Ein Tag pro Woche – das würde bedeuten, dass wir siebeneinhalb Wochen im Jahr Urlaub hätten. Ich denke, die meisten von uns hätten nichts dagegen, wenn die Gewerkschaften das so durchsetzen würden. Aber wären wir dann erholter? Viele von uns hatten doch gerade erst Ferien.

Haben wir verlernt, uns zu erholen?

Ich glaube, ein Problem ist, dass wir es verlernt haben, wirklich auszuruhen, uns zu erholen und Pause zu machen. Sowohl freie Tage als auch Urlaub sind oft vollgestopft mit allem Möglichen, mit Terminen, Ausflügen, Partys, Stress (von Koffer-packen über das Miet-Auto bis hin zum morgendlichen Handtuch platzieren am Pool), dass wir zwar viele Dinge tun, die wir im Alltag nicht tun, aber uns eben oft dabei nicht ausruhen und uns erholen (können).

Die Seele baumeln lassen

Ich finde Begriff, die „Seele baumeln zu lassen“sehr passend, denn der zeigt den Unterschied zwischen einem freien (vollen) Tag oder Urlaub und dem Ausruhen. Die alte Luther-Bibel übersetzt die Stelle in 2. Mose übrigens mit den Worten: „… aber am siebenten Tage ruhte Gott und erquickte sich.“ Das Wort erquicken steht zwar immer noch im Duden, aber zumindest ich kann auf den ersten Gedanken wenig damit anfangen. 

Ich schaue also nach: Als Erklärung für das Wort „erquicken“ finde ich: „neu beleben, stärken, erfrischen.“ Gott hat sich also Zeit genommen (was erst einmal komisch klingt), um neu belebt, gestärkt und erfrischt zu werden. 

Ist es nicht das, nach dem wir uns sehnen, wenn wir nach dem Freitag lechzen (auch ein schöner, alter Begriff, der sich in der Bibel findet) oder nach den nächsten Ferien?

Es geht doch eigentlich bei freien Tagen genau darum: dass ich durch die Pause gestärkt und aufgetankt zurück in meinen Alltag gehe – frisch und munter. Es ist gut, sich diese Zeit wirklich zu nehmen. Inhaltlich mag deine Zeit anders aussehen als meine, denn du „erquickst dich“ vielleicht anders als ich. Aber die Sache an sich ist gut: Mach mal Pause und lass wirklich deine Seele baumeln!

Jetzt liegen erst einmal ein paar Tage vor mir, bevor ich die nächste Chance dazu habe. Aber mein Plan ist, es Gott gleichzumachen – und mir Zeit zu nehmen, auszuruhen und mich zu erholen. Mal schauen, was meine Kinder dazu sagen werden…

Zeiten reserieren

Ich wünsche dir, dass du es auch schaffst, dir Zeiten zu reservieren, die nicht vollgestopft sind mit Aktionen und Aktivitäten, die zwar alle schön sind, aber dann doch verhindern, dass du ausruhen kannst und dich erholst. Das ist auf jeden Fall ein gutes Rezept auszubrennen.

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de

Leelands Song heißt: Refresh me. Das kann man übersetzen mit: Erquicke mich