Füße auf Geweg mit Schriftzug

Vertane Zeit?

Kannst du dich noch an deine erste große Liebe erinnern? Was für eine Leidenschaft! Was habe ich als junger Mann damals nicht alles angestellt, um einem Mädchen meine Liebe zu zeigen? Ich denke, ich war gerade volljährig, als ich eine Freundin hatte, die am anderen Ende der Stadt wohnte. Wenn es mit allen Verbindungen gut ging, dann brauchte ich von Busstation zu Busstation eine Stunde und zehn Minuten. Dazu kamen einige Minuten Fußweg bis zum Bus und nachts noch etwa 20 Minuten Weg von der U-Bahn bis zum Wohnort meiner Freundin, weil nachts bei ihr kein Bus mehr fuhr.

Ich kann und möchte gar nicht ausrechnen, wie viele Stunden ich in Bus und Bahn gesessen habe, denn ich habe meine damalige „große Liebe“ immer nach Hause gebracht – egal an welchem Tag, egal zu welcher Uhrzeit, egal, wann ich am nächsten Tag aufstehen musste. 

Es war zwar rückblickend eine wirklich anstrengende Zeit – ich kann mich an mehrere Male erinnern, wo ich in der Nacht in der S-Bahn eingeschlafen war und dann meine Station verpasst habe, es war aber keine vertane Zeit, denn ich habe getan, wozu mich meine Liebe, meine Leidenschaft drängte. 

Damals hatte ich nicht den Eindruck, das Opfer, das ich brachte, würde dazu führen, dass mir in meinem restlichen Leben etwas fehlen würde. 

Die Beziehung hielt nur zweieinhalb Jahre, aber ich muss zugeben, dass mir das Nach-Hause-Bringen schwerer fiel, je länger wir ein Paar waren. Warum ich „mein Mädel“ gerne nach Hause brachte ohne zu Murren und warum es dennoch irgendwann beschwerlicher wurde, ist leicht erklärt: Alles hängt mit der Leidenschaft zusammen. 

Wie groß ist deine Leidenschaft?

Als ich frisch verliebt war, war meine Leidenschaft so groß, ich hätte das letzte Hemd geopfert. Aber dann nahm so nach und nach etwas mehr und mehr Raum ein, das Leidenschaft abtötet: der Alltag. Wenn du Leidenschaft für etwas hast, dann bringst du große Opfer, ohne dass du sie als Opfer ansiehst. Je mehr die Leidenschaft einschläft oder stirbt, desto mehr wirst du Opfer als Opfer ansehen, selbst wenn du sie noch aus Pflichtgefühl oder Gewissensgründen tust. 

Die Frage, ob du eine Sache gerne tust, gerne Opfer (sowohl zeitliche, als auch mit Kraft verbundene oder auch finanzielle) bringst oder ob du die Opfer als Opfer andienst, hängt von deiner Leidenschaft ab. Je mehr Leidenschaft du hast, desto lieber wirst du etwas tun oder geben.

Deswegen schreibt Paulus an die Kolosser: „Alles, was ihr tut, tut von Herzen, als etwas, das ihr für den Herrn tut und nicht für Menschen“ (Kolosser 3, 23 GNB). Im Glauben gilt das Gleiche. Wenn ich Leidenschaft habe, dann werde ich gerne Opfer bringen, wobei das beim Glauben in manchen Bereichen merkwürdig klingt: Wenn ich mit Gott rede, in seinem Wort lese oder mich mit anderen Christen austausche, dann investiere ich sicherlich Zeit, aber ich opfere sie ja nicht, weil mich diese Dinge im besten Fall bereichern.

Pflichtgefühl oder Leidenschaft?

Dennoch: Wenn es mir schwerfällt, Zeit für Gott zu investieren, mich für ihn einzubringen oder auch mein Portemonnaie zu öffnen, dann tue ich diese Dinge (wenn ich sie denn überhaupt tue) aus Pflichtgefühl oder Gewissensgründen, nicht aber aus Leidenschaft. Und wenn ich Dinge nur aus Pflichtgefühl tue, dann werden sie schnell zur Last.  

Der Theologe Jim Mathis hat das einmal so ausgedrückt: Versuche nicht, Gottes Plan für dein Leben herauszufinden; finde heraus, was dich lebendig macht, denn Gott gebraucht Menschen, die lebendig sind.“ Großartig. Wenn ich tue, was mich erfüllt und es für den Herrn tue, dann werden zwei Dinge geschehen: 

  1. Mein Leben wird reicher, aufregender, erfüllter, denn ich tue, wofür ich Leidenschaft habe!
  2. Ich werde erleben, wie Gott mich segnet, denn er hat mir meine Leidenschaft ja nicht einfach nur so, also sinnfrei gegeben.

Wofür hast du Leidenschaft?

Solch eine Leidenschaft, dass du fast drei Stunden Fahrt in Kauf nehmen würdest, wie ich es damals für meine Freundin getan habe? Das ist keine banale Frage, sondern eine, die dein Leben vielleicht radikal ändern wird, denn wenn Pflicht-Taten für Gott mit Leidenschaft getauscht wird, dann wird sich alles verändern, die Art, wie du fühlst, wie du denkst und damit, wie du lebst. Fange heute an, alte Pflichten und schwere Opfer hinter dir zu lassen und deine Leidenschaften zu leben – für Gott und für dich selbst. 

Ein erster Schritt könnte sein, dass du den großartigen Text mit dem Namen „Holstee Manifesto“ googelst und ihn in Ruhe liest. Weltlich formuliert beschreibt er genau das: „Lebe deinen Traum und deine Leidenschaft!“

Sei gesegnet! 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de