Eigene Wege
Ein Mann ist ganz unten. Er hatte alle Voraussetzungen für ein glückliches und zufriedenes Leben, aber es hat sich entscheiden, seine eigenen Wege zu gehen. Doch es hat nicht so funktioniert, wie er es sich erträumt hatte. Und nun ist er so tief abgestiegen, tiefer geht es kaum.
So oft ich die Geschichte des Sohnes lese, die Jesus erzählt, umso tiefer berührt sie mich. Als der junge Mann seinen Vater um sein Erbe zu Lebzeiten bittet, hätte er alle Möglichkeiten gehabt, etwas zu lernen. Aber als sein Geld verprasst war, er ganz alleine war, die ganzen „Freunde“ plötzlich verschwunden waren und er absolut am Ende ist, da lernt er plötzlich wirklich etwas, da kam er zur Besinnung.
Da kam er zur Besinnung
Jesus erzählt: „Es ging dem Sohn immer schlechter. In seiner Verzweiflung bettelte er so lange bei einem Bauern, bis der ihn zum Schweinehüten auf die Felder schickte. Oft quälte ihn der Hunger so sehr, dass er sogar über das Schweinefutter froh gewesen wäre. Aber nicht einmal davon erhielt er etwas. Da kam er zur Besinnung.“ (Lukas 15, 14-17 HfA).
Das Leben kann manchmal so hart zu uns sein. Und dabei geht es nicht nur um körperlichen Hunger, der kaum auszuhalten ist. Es geht um Sehnsüchte, Träume, Pläne, es geht auch um inneren Hunger. Aber dort, ganz unten, geschieht ein Wendepunkt.
Fünf kleine Worte sind es, die mein absoluter Lieblingssatz in der Geschichte sind: „Da kam er zur Besinnung!“ Manchmal ist es so, dass wir es anscheinend brauchen, in die Ecke getrieben zu sein, keinen Ausweg mehr zu sehen, dass der Hunger nach Leben so groß ist, dass wir es kaum aushalten, um bereit für einen Wendepunkt im Leben zu sein.
Fragile Scheinwelt
Im griechischen Urtext heißt es: „Als er aber zu sich kam …“ – vorher hatte der junge Mann in einer Traumwelt gelebt. Er dachte, er hätte alles, was er brauchte, um glücklich zu sein. Frei war er! Kein Vater, niemand, der ihm etwas zu sagen hatte. Er hatte Geld, hatte Freunde, mit denen er das Geld verprassen konnte.
Aber es war eine fragile Scheinwelt. Als das Geld nämlich alle war, war auch sein Lebensentwurf zerbrochen. Bei dem jungen Mann ist das offensichtlich. Aber seien wir doch mal ehrlich. Geht es uns im Leben nicht auch oft so, dass wir Luftschlösser bauen, unser Leben auf Sand?
Bei den meisten von uns braucht es nicht viel, um das Kartenhaus unseres Lebens zum Einstürzen zu bringen. Und der Aufprall kann dann ganz schön hart sein.
Obwohl wir wissen, dass die meisten Dinge, an denen wir im Leben hängen, eigentlich keinen Bestand haben, kleben unsere Herzen oft stärker daran, als manche Hand der Klimakleber am Asphalt. Denn zwischen genießen und sein Herz verschenken gibt es einen gewaltigen Unterschied.
Leider kommen auch wir oft erst zu uns, kommen zur Besinnung, wenn es zu spät ist, wenn das Kind in den Brunnen gefallen, wir am Ende sind und neidisch auf das Futter für die Schweine. Aber Gott wäre nicht Gott, wenn es bei ihm Sackgassen gäbe. Er ist der Geber von Rettungsgassen.
Fastenzeit
Ich kenne viele Menschen und viele Gemeinden, die das neue Jahr mit einer Fastenzeit beginnen. Warum? Weil sie den Fokus schärfen, weil sie helfen, den Blick auf Jesus zu wenden. Früher war mir immer nicht klar, warum das Fasten so eine großartige Übung sein soll. Aber sie ist es.
Denn wenn ich im Kleinen den Hunger spüre, dann fällt es mir leichter, Wendepunkte in meinem Leben einzuläuten – und dann auch zur Besinnung zu kommen oder wieder zu mir.
Wo brauchst du einen Wendepunkt in deinem Leben? In welchen Bereichen musst du zur Besinnung kommen und sie neu ausrichten? Nutze die ersten Tage dieses neuen Jahres, um den Kurs zu korrigieren und dich neu auszurichten. Vielleicht ist auch bei dir eine Fastenzeit dran?
Sei gesegnet!
„Die Stunde unseres Scheiterns ist die Stunde der unerhörten Nähe Gottes und gerade nicht der Ferne“ (Dietrich Bonhoeffer).
Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com
Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de