Stadt

Identität

„Ihr Deutschen habt doch wirklich ein Problem mit eurer Identität.“ Das hat mir einmal jemand unverblümt ins Gesicht gesagt. Immer, wenn es um Begriffe, wie Heimat ginge, dann schwinge bei uns ein Stück Unnatürlichkeit mit, meinte er noch. Und irgendwie hat er auch nicht ganz unrecht. Da gibt es die mit der überhöhten Heimatliebe, die mit geschwollener Brust davon reden, wie stolz sie darauf sind, Deutsche zu sein. Und dann gibt es auf der anderen Seite die, die das am liebsten ganz verleugnen. Und schnell kochen bei diesem Thema die Gemüter dann über.

Ich kann mich noch gut an die Diskussion zwischen Jürgen Trittin, der jegliches „Deutschgetümmel“ ablehnte und Wolfgang Schäuble erinnern, der den Satz prägte: „Man muss nicht stolz sein, ein Deutscher zu sein, aber man darf es.“

Heimat

Was ist das, Heimat? Maria und Josef, so heißt es, mussten zur Volkszählung in ihre Heimat zurückkehren, denn so hatte es der Kaiser, der nicht ihr Kaiser war, aber das Sagen hatte, angewiesen. „Jeder musste in seine Heimatstadt gehen, um sich dort eintragen zu lassen“, so heißt es in Lukas 2, 3 (HfA).

Der Freund fragte mich damals noch: „Wo ist denn deine Heimat? Wo ist deine Stadt?“ und löste in mir eine Frage aus, die ich bis heute nicht so ganz beantwortet habe. Ja, ich bin dankbar für das Land, in dem ich leben darf, in dem (noch) Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit herrschen, in dem ich meinen Glauben ausleben und Menschen einladen darf.

Ich bin dankbar dafür, dass meine Vorfahren aus dem Trümmerhaufen ein wunderschönes Land gemacht haben – und ganz ehrlich: Ich liebe meine Stadt Berlin. Ich weiß, das kann nicht jeder verstehen, aber ich liebe diese Stadt.

Durchgangsstation

Gleichzeitig weiß ich aber, dass ich hier nur auf einer Durchgangsstation bin. „Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir“ (Hebräer 13, 14 LUT), so heißt es im Hebräerbrief. Als Christen wissen wir: Das Beste wird noch kommen, wenn wir einst diese Erde verlassen.

Da ich nicht an Zufälle glaube, bin ich damals zu folgendem Ergebnis gekommen. Gott hat sich etwas dabei gedacht, dass er dich und mich zu dieser bestimmten Zeit an einen bestimmten Ort auf diese Erde gesetzt hat. Auch, wenn ich ihn vielleicht nicht gleich erkenne – es macht Sinn, dass ich bin, wo ich bin.

Licht für andere

Denn Gott beruft mich genau zu meiner Zeit an meinem Ort Licht für andere zu sein, sein Reich zu bauen, ein Stück Himmel auf Erden zu bringen. Gerade gestern durfte ich mit meiner Band in einem besonderen Gottesdienstformat dienen, manche Menschen, die vielleicht sonst eher weniger in die Kirche gehen.

Dafür hat Gott mich ausgestattet mit dem, was ich brauche. Mit Begabungen, mit wunderbaren Menschen, mit denen ich Musik machen darf, mit einem Übungsraum (finde mal so etwas bezahlbar in Berlin) – und mit einem Ort, an den Gott uns gestellt hat.

Wo ist deine Heimat?

Meine Frage ist also weniger: Wo ist deine Heimat? Sondern eher: Wo hat dich Gott hingestellt. Wie baust du sein Reich in dieser Welt an dem Ort, wo du lebst? Gerade jetzt in der Adventszeit ist es für so viele Menschen wichtig, dass ihnen jemand ein Stück Himmel auf die Erde holt, ihnen zeigt, dass sie geliebt sind, alles andere, als verloren, dass es einen Gott gibt, der sich kümmert.

Und wenn es etwas gibt, worauf man gerne stolz sein darf, dann, dass Gott einen nutzt, um in der Welt, in der Heimat, einen Unterschied zu machen. Das macht andere froh, und das macht dich froh – und verhindert Diskussionen wie damals zwischen Trittin und Schäuble.

Sei gesegnet!

„Ich bin getrost! Mögen die Winde wehen, wie sie wollen. Einmal treiben sie mein Schiff doch in den Hafen der Heimat und des Friedens“ (Gorch Fock).

 

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Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de