offene Hände

Geisterstadt Famagusta auf Zypern

Gestern habe ich die Geisterstadt Famagusta auf Zypern besucht. Als 1974 die türkische Armee die Insel überfiel, waren die Bewohner Hals über Kopf geflohen. Von zu vielen Gräueltaten hatten sie gehört, von Vergewaltigungen und Morden, von Folter und sinnloser Gewalt. Die türkischen Besatzer erklärten daraufhin die Stadt zur Sperrzone, die jahrzehntelang niemand betreten durfte. Heute nutzt die illegale Regierung des türkisch annektierten Bereichs von Zypern diesen Ort als eine Art Disneyland.

Es wurde extra für den Besuch von Diktator Erdoğan eine Straße neu gepflastert, auf der man vorbei an verlassenen Häusern, Hotels, Geschäften, einem Autohaus, Friseuren, also durch eine ehemals blühende Stadt tingeln und sich das Leid, das hier geschehen ist, anschauen kann.

Die türkischen Reiseführer nutzen den Ort für Propaganda. Unser griechischer Guide sagte traurig, dass wohl keiner der ehemaligen Bewohner es übers Herz gebracht hätte, sich dieses Elend anzuschauen.

An allen Ecken und Enden hört man dieser Tage von Invasionen, Gewalt, Terror und Krieg. Und man kann sich leicht fragen: Wo soll das alles noch hinführen?

Betet ohne Unterlass

Der Bund der Baptisten in Deutschland hat ebenfalls gestern in seinem Rundbrief dazu aufgerufen, „ohne Unterlass“ zu beten. Die Bibelstelle dazu lautet: „Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlass, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes in Christus Jesus für euch.“ (1. Thessalonicher 5, 16-18 BB).

Ich denke, dass (mindestens) zwei Wahrheiten in diesen kurzen Versen steckt. Zuerst einmal steht die Frage im Raum: Glaube ich daran, dass Gott mein Gebet hört? Glaube ich daran, dass er es gut mit mir meint und antwortet, wenn ich mit ihm rede? Halte ich auch zu ihm, wenn ich nicht (sofort) die Antwort bekomme, die ich erwarte?

Wiedervereinigung

Gerade die jüngere deutsche Geschichte hat gezeigt, zu welchen Wundern Gott heute auch noch fähig ist. In meiner Jugend hätte niemand gedacht, dass es eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten geben könnte. Und ich habe regelmäßig Punktabzug in Klausuren bekommen, weil ich die DDR ohne Unterlass in Gänsefüßchen geschrieben habe.

Glauben wir daran, dass Gott eingreifen und eine Lösung schenken kann in den großen und kleinen Konflikten dieser Welt? Wenn wir das tun, dann sollten wir wirklich dran bleiben am Beten – für Israel, für die Ukraine, ja, auch für den türkisch annektierten Teil von Zypern und die vielen anderen Konflikte.

Zu Jesu Zeiten bat man „Kyrie eleison“, was bedeutet: „Herr erbarme dich!“

Bete und Vertraue

Ohne Unterlass zu beten und zu vertrauen, dass Gott hört und antwortet, hat aber noch eine zweite Dimension: Mein Sohn Joshua war erstaunt, als von den Moscheen regelmäßig den Ruf zum Gebet vernahm, unüberhörbar laut, über weite Strecken hörbar. Er sagte nur: „Ich würde wahnsinnig werden, wenn ich das jeden Tag ertragen müsste!“

Ohne Unterlass zu beten bedeutet nicht, sich zum Sklaven der Uhr oder von Ritualen zu machen. Es bedeutet, Beziehung zu leben. So wie ich regelmäßig ein- und ausatme, so wie ich ganz natürlich mit meiner Familie spreche, so wünscht sich Gott, dass ich bete.

Wenn ich Vertrauen in mein Gebetsleben habe, wenn ich Gott als liebenden Vater erlebe, dann ist mein Gebet nie eine Last – ebenso wenig, wie es eine Last ist, wenn ich mich nach einem bewegenden Tag mit meiner Frau austausche oder den Kindern zuhöre.

Die Baptisten haben recht: Lasst uns wirklich lernen, ohne Unterlass zu beten, für unsere Beziehung mit Gott und für die großen und kleinen Konflikte in dieser Welt! Fang am besten gleich damit an und erzähle Gott, was dein Herz bewegt!

Sei gesegnet!

„Beten ist Verweilen bei einem Freund“ (Teresa von Ávila).

„Wie man beten soll, das steht in der Bibel; und was man beten soll, das steht in der Zeitung“ (Karl Barth)

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Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de