Beklemmendes Gefühl

Es gibt Situationen in meinem Leben, da fühle ich mich wie „ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird“ – z. B., wenn ich vor Gericht als Zeuge eines Verkehrsunfall aussagen muss. Schon allein, beim Betreten des imposanten Gerichtsgebäudes, befällt mich ein beklemmendes Gefühl – und das, obwohl ich ja nichts ausgefressen habe.

 

Wahnsinnige Kraft

Prüfungen waren auch immer solche Begebenheiten. Mein Kreislauf raste, ich bekam schwitzige Hände und dachte immer: Gleich bist du einen Kopf kürzer. Irgendwann lernte ich, dass im „Lobgesang“ eine wahnsinnige Kraft steckt:

Nachdem Jesus mit seinen Freunden das Pessach-Mahl gegessen und das Abendmahl eingenommen hatte, sangen alle zusammen „Lobgesänge“, bevor sie hinaus an den Ölberg gingen. Jesus wusste, was ihn erwarten würde. Nur noch wenige Stunden, dann würde man ihn verhaften. Der Verräter hatte sein Werk schon lange getan, es gab kein Zurück mehr.

Loblieder

Jesus erwarteten Schmähungen, unsagbare Qualen durch körperliche Gewalt und schließlich ein brutaler, grauenvoller Tod – und er wusste, dass ihn das erwarten würde. Und direkt davor sang er mit seinen Freunden Loblieder – „Praise and Worship“, wie man das heute nennt. Ich habe mich früher immer gefragt: Warum tut er das? Weil es Tradition war? Weil das die anderen erwarteten?

Kraft im Lobpreis

Vor vielen Jahren dann durfte ich selbst erleben, welche Kraft im Lobpreis steckt. Ich war noch jung im Glauben und hatte wenig Erfahrung damit, wie Gott ins Leben eingreifen kann. Aber ich hatte damals schon eine „Ich-muss-die-Welt-retten-Macke“. Mich riefen irgendwann die Eltern eines Jugendlichen an, den ich damals in meiner Jugendgruppe betreute. Zu Hause wäre der absolute Krieg ausgebrochen, ich solle doch bitte schnell vorbei kommen.

Das tat ich auch. Ich bot der Familie an, der Junge (damals 14 Jahre alt, voll in der Pubertät) könne für ein paar Tage zu mir kommen, bis sich die Gemüter beruhigt hätten. Gesagt, getan. Aus den „paar Tagen“ wurde ein Jahr. Die Eltern übergaben quasi die ganze Erziehung an mich. Wenn es Stress in der Schule gab (und den gab es oft), dann kümmerte ich mich drum. Hatte der Junge Liebeskummer, kümmerte ich mich drum. Wäsche waschen, kochen, … mein Job!

Folge: Mein eigenes Leben kam fast zum Stillstand. Heute empfinde ich es als Wunder, dass meine Ex-Freundin (meine jetzige Ehefrau) das damals mitgemacht hat, denn Zeit zu zweit, Privatsphäre – das hatten wir damals für ein Jahr nicht.

 

Starker Impuls

Ich war öfters an dem Punkt, dass ich dachte, ich breche zusammen. An einem Sonntag, als ich wieder mal am Ende war, hatte ich einen ganz starken Impuls. Mein Inneres sagte: Fahre zu einer ganz bestimmten Kirche nach Kreuzberg. Das Gefühl war so stark, dass ich dem nach gab, obwohl ich die Gemeinde nicht kannte. Ich fuhr also los, fand natürlich keinen Parkplatz und war viel zu spät dran. Aber das Gefühl ließ mich nicht los. Also kam ich in das imposante Kirchengebäude, als dort gerade „moderne Lieder“ gesungen wurden.

Jesus, dein Licht

Ich werde es nie vergessen – es war das Lied „Jesus, dein Licht“ (viele kennen den alten Schlager unter „Shine, Jesus shine…“) – als ich merkte, wie Gott mich regelrecht mit seiner Liebe überschüttete. Es riß mich quasi vor plötzlicher Freude von der Holzbank, ich hob meine Arme und lobte Gott (was ich bis dato noch nie so getan hatte und auch nicht kannte). Ich bekam an diesem Tag so viel Kraft, Freude und Liebe ins Herz, dass ich monatelang weiter den Ersatz-Papi spielen konnte. Das war die Kraft des Lobpreises.

Erfüllt vom Geist

Die Situation war keine andere, aber meine Ausgangslage war eine neue – denn Gott hatte mich mit seinem Geist erfüllt. ER hatte mich stark gemacht. Deswegen verstehe ich, warum Jesus die Lobgesänge wichtig waren. Sie waren eine Art Vorbereitung, Zurüstung für das, was ihn erwarten würde.

Und beim Lobpreis kann es nach meinem Geschmack gerne „zur Sache“ gehen. Schon in Psalm 150 kann man lesen:

Lobt den Herrn mit allen Instrumenten!
Halleluja – lobt den HERRN! Lobt Gott in seinem Heiligtum, lobt ihn, den Mächtigen im Himmel! Lobt ihn für seine gewaltigen Taten, lobt ihn, denn seine Größe ist unermesslich! Lobt ihn mit Posaunen, lobt ihn mit Harfe und Laute! Lobt ihn mit Tamburin und Tanz, lobt ihn mit Saitenspiel und Flötenklang! Lobt ihn mit Zimbelschall, lobt ihn mit Paukenschlag! Alles, was lebt, lobe den HERRN! Lobt den HERRN. Halleluja!

Ich wünsche dir ganz viel Kraft und Erfüllung von Gott genau in deiner Lebenssituation, mag sie voll des Jubels oder voll der Sorge oder Traurigkeit sein. Ich wünsche dir, dass du erlebst, dass im Lob Gottes Power steckt!

Sei gesegnet!

Jürgen Ferrary  für GottinBerlin.de

Nachtrag:
Als im vergangenen Herbst mein mir liebster Freund starb, schenkte mir Gott wieder so einen Moment. Das Lied „Another in the Fire“ beschreibt, dass wir nie allein sind, auch, wenn wir durchs Feuer gehen müssen oder das Wasser uns bis zum Hals steht. Ich konnte es monatelang nicht hören, ohne zu weinen anzufangen. Aber jedes Mal, wenn ich mich dem hingegeben habe, habe ich gemerkt, wie Gott Stück für Stück Trost spendete. Heute gehört dieses Lied aktuell zu meinen Lieblings-Lobpreis-Liedern (auch, wenn es auf Englisch ist … sorry)