Mann und Frau fahren in der Abendsonne Fahrrad

Der Schein trügt

Karla und Johannes sind ein Paar, wie man es eigentlich nur aus Bilderbüchern kennt. Wenn man ihnen begegnet, dann hat man das Gefühl, dass sie die perfekte Beziehung führen. Sie wirken auch nach so vielen Jahren sehr verliebt und haben eine angenehme, warme Ausstrahlung. Aber der Schein trügt. Tragen sie Kämpfe im Verborgenen aus?

Man muss die beiden gut kennen, um hinter die Fassade blicken zu können. Mir ist es irgendwann aufgefallen, weil beide oft Sprüche über den jeweils anderen machen: 

„Die Karla wirkt nach außen hin immer so schön strukturiert, aber ihr solltet mal sehen, was für ein Chaos sie zu Hause immer  fabriziert…“ Dann schauen sich beide an und lachen, nehmen sich in den Arm und geben sich einen Kuss. 

„Also der Johannes hatte ja schon immer Probleme mit den Ohren. Wenn ihr wüsstet, wie oft ich ihm sagen muss, er solle mal den Müll herausbringen, bis er es endlich tut.“ Wieder das gleiche Ritual, beide lachen und geben sich ein Küsschen. 

Ich habe sie irgendwann einmal angesprochen, ob alles in ihrer Beziehung in Ordnung ist. Da schauten die beiden mich an, als hätte sie gerade ein LKW angefahren. Natürlich waren sie glücklich. Sah man das denn nicht? Aber genau das war ihr Problem, dass man es sah, zu deutlich sah. 

Tiefe Aggressionen

Beide hatten sich eingeredet, dass alles wunderbar laufen würde und sahen die tiefen Aggressionen gar nicht, die sie mit sich herumtrugen. 

Karla war in einer Familie aufgewachsen, in der sie oft verbal erniedrigt wurde. Sie fühlte sich nicht liebenswert und hatte so Schwierigkeiten,  Liebe von Johannes anzunehmen.

Johannes kam aus einem sehr behüteten Elternhaus. Er hatte sich erträumt, dass es mit seiner Karla genauso harmonisch ablaufen würde, wie seine Eltern es ihm vorgelebt hatten. Die Enttäuschung, dass alles so schwierig und kompliziert war, saß tief. 

Und nun kämpften sie verborgene Kämpfe, die sie sich nicht eingestehen wollten oder konnten. 

Kämpfe kämpfen

Leider sind die beiden kein Einzelfall. Oft bauen sich Menschen eine Art Luftschloss auf, das sie so sehr glorifizieren, dass sie irgendwann selbst daran glauben. Aber sie erleben selten wirkliche Durchbrüche oder das Gefühl, frei zu sein. 

So schwer es ist, nur, wenn wir ehrlich mit uns und unserer Umwelt sind, werden wir an die Wurzel unserer Probleme kommen. Und nur dann können wir Dinge ändern. 

Der erste Schritt ist, dass ich mir eingestehe, dass nicht immer alles so läuft, wie ich es mir wünsche. Der zweite, dass ich einsehe, dass ich Hilfe brauche. Ein dritter ist, dass ich Gott bitte, mir den Weg in die Freiheit zu zeigen. Ansonsten werden wir immer wieder Kämpfe kämpfen, die wir nicht gewinnen können. 

Im Jakobusbrief heißt es ziemlich drastisch: „Ihr wollt alles haben und werdet nichts bekommen. Ihr seid voller Neid und tödlichem Hass; doch gewinnen werdet ihr dadurch nichts. Eure Streitigkeiten und Kämpfe nützen euch gar nichts. Solange ihr nicht Gott bittet, werdet ihr nichts empfangen“ (Jakobus 4, 2 HfA).

Karla und Johannes haben sich auf den Weg gemacht, ein Leben in Freiheit zu leben und damit in der Lage zu sein, eine wirklich gesunde Beziehung zu leben. Sie haben die Probleme bei sich selbst erkannt und die Lügen, die sie selbst aufgebaut hatten, eingerissen. 

Es war kein leichter Weg – und er ist bis heute noch nicht zu Ende gegangen. Aber indem sie erkannt haben, wo das Problem lag und dass sie Gottes Hilfe brauchten, war der erste Schritt getan. Heute sind die beiden immer noch glücklich verheiratet – und auf dem Weg, wirklich eine Bilderbuch-Ehe zu führen. 

Lass es nicht zu, dass deine eigenen Luftschlösser dich daran hindern, ein Leben in Freiheit zu leben. Du wirst Kämpfe kämpfen, die du nicht gewinnen kannst und am Ende nur noch gebundener sein. Ganz gleich, ob es sich um deine Beziehung, Freundschaften oder andere Bereiche deines Lebens handelt. 

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de