Palmblatt

Konservative Gemeinde

Mit Anfang 20 bin ich Christ geworden. Ich ging damals in eine von den Formen her sehr konservative Gemeinde. Konservativ bedeutete, dass zum Beispiel Abläufe und Formen nicht hinterfragt noch verändert wurden. So wurde in jedem Gottesdienst damals eine Art Glaubensbekenntnis gesungen – immer die erste Strophe von Philipp Friedrich Hillers „Jesus Christus herrscht als König“.

Die Melodie empfand ich schon damals als altbacken – vielleicht auch deswegen, weil so ein häufig wiederkehrendes Ritual sich abnutzen kann. Vielleicht auch, weil der Inhalt und das Leben nicht unbedingt zusammenpassten.  So leierte ich den Text Woche für Woche wie eine Pflichtübung herunter. Das gehörte eben zum Gottesdienst dazu, man entkam diesem Ritual nicht. 
 
 

Kritische Betrachtung

Warum ich das heute kritisch betrachte? Es geht mir dabei weniger um meinen Musikgeschmack noch um die Frage, wie zeitgemäß solche Formen und Rituale sind. Wenn ich heute auf die Zeit von damals zurückschaue, dann sehe ich, dass mein Mund etwas anderes gesungen hat als mein Herz gefühlt, dass der äußere Schein etwas anders war, als ich mit meinem Leben gelebt habe. 
 
Es erinnert mich heute an die Menschen in Jerusalem, die Jesus, als er reitend auf einem Esel in die Stadt einzog, zujubelten, als wäre er ein Popstar (Matthäus 21). Ich war damals – gerade frisch Christ geworden – begeistert von Jesus; die Menschen in Jerusalem waren begeistert. Es brauchte damals in meinem Leben aber nicht viel, dass ich, kaum hatte ich die Kirche sonntags verlassen, einen Weg einschlug, der Gott den Rücken zuwendete. 
 
Bei den Menschen damals dauerte es gerade einmal fünf Tage, dass die Begeisterung umschlug und sie den eben noch bejubelten König kreuzigen lassen wollten. Nur fünf Tage, und die gleichen Menschen, die eben noch riefen: „Gelobt sei der Sohn Davids, ja, gepriesen sei, der im Auftrag des Herrn kommt! Gelobt sei Gott hoch im Himmel!„(Matthäus 21, 9 HfA), schrieen nun lauthals: „»Ans Kreuz mit ihm!«“ (Matthäus 27, 22 HfA).
 
Die gleichem Menschen, die eben noch Jesus bewunderten, ihn als König empfingen, ihm den roten Teppich ausrollten, indem sie ihre Mäntel vor ihm auf den Boden legten, entscheiden sich für einen Mörder und ließen den Unschuldigen Töten. 

Es hat sich nichts verändert

Jesus Christus herrscht als König“ … irgendwie hat sich seit damals nicht viel verändert. Zum einen sind wir Menschen anscheinend genauso manipulierbar, wie damals. Es braucht bis heute nicht viel, damit Meinungen verdreht werden und Stimmungen kippen. 
 
Zum anderen bin ich oft nicht besser als die Menschen damals. Sicherlich stelle ich mich nicht auf die Straße und brülle: „Lasst den Mörder frei und tötet Jesus!“ – aber, wenn das stimmt, dass Jesus für meine Schuld ans Kreuz gegangen ist, damit mir vergeben werden und ich ein neues Leben beginnen kann, dann ist es wie ein Schlag in seine Magengrube, wenn ich mein Leben einfach so weiterlebe, als hätte er damals nicht für meine Schuld bezahlt. Ich nehme das Opfer dankbar an, lebe dann aber so weiter wie vorher.
 
Paulus stellt die Frage (die er dann gleich selber beantwortet): „Bedeutet das, dass wir weiter sündigen dürfen, weil Gottes Gnade uns vom Gesetz befreit hat? Natürlich nicht! Erkennt ihr denn nicht, dass ihr immer der Sklave dessen seid, dem ihr gehorcht? Ihr könnt die Sünde wählen, die in den Tod führt, oder ihr könnt in Gottes Augen Gerechtigkeit erlangen“ Römer 6, 15-16 NLB).
 
„Jesus Christus herrscht als König“ – tut er das? Oder bin ich einer, der heute jubelt und morgen umknickt? Bin ich jemand, der heute begeistert ist und sich morgen dann wieder abwendet? Bin ich einer, der sich heute von Jesus beschenken lässt, aber blitzschnell dann doch wieder seinen eigenen Willen auf den Thron des Lebens setzt?
 
Die Frage lautet: Wer ist unser Herr? Wer ist unser Retter? Wer ist unser König?
 
Sei gesegnet!
 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de

Altes Lied in neuem Gewand. Hör und urteile selbst 😀