Kirchturm

Erstes Osterfest

Im Religionsunterricht spreche ich mit meinen Kindern über das erste Osterfest. Jesus zieht bejubelnd und gefeiert in Jerusalem ein. Gerade die Kinder mit christlichem Hintergrund kennen diese Geschichte. Jesus reitet auf dem Esel, die Menschen breiten Jacken und Mäntel vor ihm aus und schwingen Palmenblätter in der Luft. 

Dann wird es in meiner Klasse plötzlich sehr still, als ich davon erzähle, was als Nächstes geschieht: „Dann ging Jesus in den Tempel, jagte alle Händler und Käufer hinaus, stieß die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenverkäufer um und rief ihnen zu: »Ihr wisst doch, was Gott in der Heiligen Schrift sagt: ›Mein Haus soll ein Ort des Gebets sein‹, ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus!«, heißt es in Matthäus 21, 12 – 13 (HfA).

Ein Mann, der sich empört

Ich blicke in erschrockene Gesichter. Das soll derselbe Jesus sein? Ein Mann, der sich empört? Ein Mann, der Tische umwirft und wütend ist? Jesus ist doch in Wahrheit der etwas weichgespült immer lächelnde Mann, der gütig und liebevoll durch die Lande zieht und den Menschen von Gottes Liebe erzählt.

Ja, das ist er. Aber Jesus ist auch der, der hohe ethische und moralische Standards vertritt – und nicht nur vertritt, sondern auch lebt. Er selbst hält sich an alle Gebote, selbst an die, an die wir uns nicht schaffen zu halten. Und er kann es im Herzen nicht ertragen, wenn Menschen lügen und betrügen, hassen und ablehnen, wenn Menschen sich Gott zurechtbasteln, wie er ihnen gefällt und der Glaube mehr ein frommer Anstrich ist als eine Herzens-Einstellung. 

Der auf Bildern meist gütig dreinschauende, liebevoll lächelnde Mann ist tief betrübt, ja richtig wütend, wenn mit dem Glauben Schindluder getrieben wird. 

Korrekturen?

Und ich frage mich manches Mal: Wie würde Jesus reagieren, wenn er heute in unsere Kirchen kommen würde? Wäre er begeistert über die Handarbeitsgruppen und Yoga-Zirkel, die Sportkreise und Basar-Veranstaltungen? Würde er die Kernkompetenz von Kirche – betend und das Evangelium verkünden – finden und gutheißen oder würde er hier oder da auch Korrekturen fordern?

Ich weiß, ich lehne mich weit aus dem Fenster – aber ich bin fest davon überzeugt, dass auch damals viele der Händler und Geldwechsler der Überzeugung gewesen sind, etwas Gutes für Gott zu tun. Immerhin waren sie im Tempel und haben für Gott etwas getan.

Ich stelle auch nur die Fragen und lasse die Fragen bewusst stehen, denn ich bin weder Maß noch Richter. Aber ich frage weiter: Wie sieht es eigentlich in meinem Leben aus? Wenn Jesus heute durch die Tür meines Büros käme, wie würde er eigentlich reagieren?

Wäre er begeistert von all dem, was ich tue? Oder sieht er auch in meinem Leben Bereiche, wo ich aus seinem Haus eine Räuberhöhle gemacht habe? Paulus schreibt in einem seiner Briefe: „Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und dass Gottes Geist in eurer Mitte wohnt?“ (1. Korinther 3, 16). Wie sieht dieser Tempel aus? Gottgefällig oder wie die Höhle von Räubern.

Es ist und bleibt wahr: „Gott ist Liebe“ (1. Johannes 4, 16 HfA) – aber genau deswegen agiert Jesus, wie er agiert. Indem Jesus im Tempel „aufräumt“, zeigt er, dass es Gott wichtig ist, dass sein Haus sein Haus bleibt. Und das gilt für Kirche genauso, wie für uns als den Tempel des Heiligen Geistes. 

Ich bin fest davon überzeugt, dass auch wir in unseren heutigen Zeiten so eine „Reinigung“ brauchen – sowohl in Gemeinden, als auch bei uns – damit nebensächliche Dinge nicht im Vordergrund stehen, sondern der, um den es geht: Jesus!

Jesus räumt auf

Jesus räumt auf, weil damals wie heute Menschen nicht im Segensstrom leben, sondern brav nebenher gehen. Wie oft tun wir Dinge, von denen wir meinen, dass sie für Gott sind, aber wir tun sie eben ohne Gott?

Ich möchte weder über andere, noch über Kirchen und Gemeinden urteilen – ich kann nur bei mir anfangen. „Wo Jesus drauf steht, muss auch Jesus drin sein.“ Wo sind mir Nebensächlichkeiten wichtig geworden und wo ist Jesus, um den es geht?

Wir gehen mit großen Schritten auf Ostern zu. Lass uns diese Zeit nutzen, in unsere Herzen zu schauen und aufräumen. Wenn du Mut hast, dann lade Jesus ein, dir zu zeigen, wo es etwas zum (Be)reinigen gibt. 

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de