Aufgeschlagene Bibel im Licht

Halbe Wahrheit

Als ich jünger war, habe ich es hier und da nicht so genau genommen mit der Wahrheit. Nicht, dass ich bewusst gelogen hätte, das widerstrebte mir schon immer. Aber, wenn ich das Gefühl hatte, es würde mir Vorteile verschaffen, dann sagte ich manchmal nur die halbe Wahrheit und ließ einige Aspekte einfach weg. 

Dass eine halbe Wahrheit auch eine ganze Lüge ist, wollte ich damals nicht wahrhaben (schönes Wortspiel). Heutzutage ist es fast schon ein Modesport geworden, Halbwahrheiten zu verbreiten – manchmal ganz bewusst, oft aber auch mit eigentlich guten Absichten. 

Das Internet ist schnelllebig. Informationen – ganz gleich, ob wahr oder falsch – verbreiten sich so rasch, dass einem schwindelig davon werden kann. Und dann kommt es eben auch vor, dass Menschen an den Pranger gestellt werden, die eigentlich gar nichts verbrochen haben, nur weil jemand etwas gehört hat von jemandem, der etwas gehört hat. Und das wird dann als Wahrheit verkauft. 

Auch und gerade, was die Corona-Pandemie angeht, braucht man nur nach links oder rechts zu schauen, um völlig unterschiedliche „Wahrheiten“ zu hören. Irgendjemand hat gehört, dass irgendjemand etwas gesagt oder geschrieben hat – und das wird dann schnell als Wahrheit verbreitet. Dass andere dann „Wahrheiten“ verbreiten, die dem genau gegenüberstehen, spielt dann kaum eine Rolle.

„Wahrheit“ hat dann oft mit dem „Lager“ zu tun, dem ich anhänge. 

Das ist schädlich und auch schändlich (zumindest empfinde ich es so). Menschen, die vorher Gärtner waren oder Verkäufer, Lehrer oder Polizisten werden so zu Hobby-Virologen und meinen, sie müssten die Welt mit ihren „Erkenntnissen“ beglücken. 

Das spaltet, das macht oft Angst, das verunsichert. Und vor allem: Oft sind es eben Halbwahrheiten, die gesagt werden, Dinge, die man irgendwo gelesen oder gehört hat (oft dann auch wieder aus dem Internet, die dann im Internet wieder verbreitet werden). Und auch hier gilt: Eine halbe Wahrheit ist eine ganze Lüge.

An der Wahrheit festhalten

Auch, wenn ich es gut meinte – wenn ich Halbwahrheiten oder auch unbelegte Behauptungen verbreite, dann bin ich ein Lügner, ganz gleich, ob ich mich Christ nenne oder nicht. Und Gott ist davon alles andere als begeistert. Im Epheserbrief lesen wir: „Lasst uns in Liebe an der Wahrheit festhalten und in jeder Hinsicht Christus ähnlicher werden“ (Epheser 4, 15 NLB).

Paulus fordert uns auf, in Liebe an der Wahrheit festzuhalten – nicht an Halbwahrheiten. Die Elberfelder-Übersetzung schreibt sogar: „Lasst uns aber die Wahrheit reden in Liebe.“ Das bedeutet eben, dass ich nicht Dinge weglassen darf, um mir einen Vorteil zu verschaffen, das bedeutet aber auch, dass ich Fakten prüfen muss, die ich verbreite und, wenn ich von einer Materie keine Ahnung habe, lieber ganz schweige.

Letzteres ist gar nicht so einfach, denn wie schnell fährt es uns über die Lippen: „Hast du schon gehört, … ?“ Schnell ist etwas in die Welt gesetzt, dass ich nie wieder aufhalten oder rückgängig machen kann. Aber: Wenn ich in der Liebe Gottes leben möchte, wenn ich die Liebe Gottes erleben möchte in meinem eigenen Leben, dann kann ich nicht selbst der Liebe den Rücken zuwenden und Halbwahrheiten oder sogar Lügen verbreiten.

Frage dich heute, an welchen Punkten du dich mitschuldig gemacht hast, weil du Unwahrheit, Halbwahrheit oder nicht geprüfte Fakten verbreitet hast. Bitte Gott, er möge dein Herz anrühren, damit du deine Zunge (oder die Finger an der Tastatur) unter Kontrolle halten kannst. 

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de