über einem Holzkreuz hängt ein rotes Tuch

Klassentreffen

Zum Teil ist es Jahre her, bei manchen sogar Jahrzehnte, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben. Wir sitzen in einem Biergarten und haben Klassentreffen. Am Anfang sind die Gespräche etwas zögerlich, fast zurückhaltend. Wir fühlen uns ein wenig wie auf dem Silbertablett. 

Irgendwann kommt das Gespräch so richtig in Fahrt. Wir reden über unsere Familien, unser jetziges Leben und natürlich viel über Erlebnisse von damals. 33 Jahre ist es immerhin her, seit wir die Schule damals verlassen haben.

Viererbande

Später am Abend kommt es fast zu einem Eklat. Ein damals eher zurückhaltender, schüchterner Junge beginnt von einem Streit zu erzählen, den er mit einem aus unserer „Viererbande“ hatte. Die „Viererbande“, das waren Jungs, die die Klasse ganz schön dominiert haben. 

Sie waren die „Coolen“, die „Gutaussehenden“, die Extrovertierten. Der heute immer noch zurückhaltende und ruhige Mann erzählt davon, wie damals in der Klasse ein Streich einer der „Viererbande“ eskalierte. 

Es ging irgendwie um einen Apfelgriebsch, der durch die Klasse und in seine Kapuze flog, dann wieder zurück, und irgendwann lagen beide Jungen auf dem Boden und prügelten sich. Eigentlich eine Geschichte, über die man heute schmunzeln könnte, ein dummer Jungenstreich, der damals aus dem Ruder gelaufen war. Offensichtlich blieben Wunden zurück.

Konflikte und Verletzungen

Aber auch Jahrzehnte später – so scheint es – ist der Konflikt noch nicht ausgestanden. Ja, wir sind jetzt alle erwachsen. Wir könnten mit Humor und einem flotten Spruch die Sache abhaken und dann über weitere Dummheiten aus unserer Jugend sprechen. 

Aber – fast so wie damals – verbeißen sich die beiden regelrecht in ihre unterschiedlichen Ansichten. Wer saß vorne und wer hinten, wer hat wen angegriffen und wer hat eigentlich bei der Rauferei auf dem Boden die Oberhand gehabt? Die Stimmung fängt an zu kippen und plötzlich ist ein Hauch der Wut, der Verletzungen und der Aggressionen von damals in der Luft. 

Ich bin erstaunt, welche Dynamik ein Erlebnis aus der Jugend im Alter haben kann. Beide finden – Gott sei Dank – schnell wieder eine Basis, stoßen mit einem Getränk an, der Konflikt scheint aus der Welt zu sein. 

Aber ist er das wirklich?

Diese kleine Exkursion in meine Vergangenheit hat mir eines gezeigt: Alte Verletzungen und Konflikte, alter Streit und alte Wut verschwinden nicht von alleine. Sie sind tief in uns verborgen und haben Einfluss auf unser Leben.

Kleinigkeiten?

Vielleicht sagst du jetzt, dass du das albern finden würdest, denn das wären doch nur Kleinigkeiten. Aber viele Kleinigkeiten im Leben werden zu einer Last. Viele Wassertropfen werden zu einem Rinnsal, einem Bächlein und manchmal auch zu einem reißenden Fluss, der Dämme einreißen kann. 

Nicht jedes Erlebnis hinterlässt solche Spuren, aber die, die wir auf der Seele haben, sollten wir loswerden, denn, wenn ein Erlebnis aus der Oberschule nach so vielen Jahren noch solche Wucht haben kann, dann zeigt sich, dass es gut ist, das nicht mit sich herumzutragen.

Es ist gut, zurück zur Quelle zu gehen und Heilung zu erfahren. Nicht, indem wir Verletzungen, Streit und Wut in eine neue Kiste oder andere Schublade stecken, sondern, indem wir sie von Jesus heilen lassen: „Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen … Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jesaja 53, 4.5 HfA).

Ja, es war nur ein kleiner Moment gestern beim ansonsten wunderschönen und heiteren Klassentreffen, die Sache an sich  absolut kein Grund für Missstimmungen. Dennoch lag die Spannung in der Luft, die gezeigt hat, was da in Seelen noch rumort.

Durch seine Wunden sind wir geheilt!

Lass es nicht zu, dass deine Verletzungen, deine Erfahrungen, deine Vergangenheit deine Gegenwart oder gar deine Zukunft negativ beeinflussen. Lade Lasten von Verletzungen, Wut und schlechten Erfahrungen ab, dann erfährt du innere Heilung und inneren Frieden – wirkliche Heilung und wirklichen Frieden. Hast du gelesen? „Durch seine Wunden sind wir geheilt!“ Es ist schon geschehen. Wir müssen es aber selbst in Anspruch nehmen und für uns wahr werden lassen.

Wenn das geschieht, kannst du über alte Konflikte frei lachen und sie als Anekdote deiner Vergangenheit abhaken.

Sei gesegnet! 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de