Männer geben sich die Hand

Hartes Herz

Manchmal wundere ich mich, warum Herzen auch von Christen so hart sind. „Die christliche Armee ist die einzige, die auf ihre Verwundeten noch schießt“, hat der Musiker und Buchautor Arne Kopfermann einmal geschrieben. Wenn Gott uns verspricht, unser steinernes Herz gegen eins aus Fleisch und Blut auszutauschen, wenn wir seit dem ersten Ostern in der Vergebung Gottes leben, warum haben wir Christen dann so oft so ein hartes Herz?

Die Antwort ist eigentlich fast zu profan, um sie zu nennen. Weil wir nicht in der Vergebung leben – du nicht und ich auch nicht. Zumindest, wenn wir ganz ehrlich zu uns selbst sind.

 

Verletztheit

Gestern erhielt ich einen Anruf, der mir das wieder in aller Deutlichkeit vor Augen hielt. Ich hatte damit gerechnet, dass dieses Gespräch stattfinden würde. Man hatte mir vor Jahren großes Unrecht angetan und man hat mich quasi vorgewarnt. Schöne Worte habe ich mir zurechtgelegt – aber natürlich kam wieder alles anders, als ich es erwartet hätte. 
 
Ich fühlte mich stark, war ich doch das Opfer – und wollte aus dieser Position meine Argumente darbringen. Und ja, ich hatte eine Entschuldigung erwartet (die ich auch wirklich verdient habe). Am Ende habe ich mich entschuldigt, denn nicht nur mir wurde Unrecht getan – auch ich habe mich an anderen versündigt. 
 

Und obwohl der Vorfall schon viele Jahre zurückliegt, habe ich gemerkt, dass ich alles andere hatte, aber kein Herz, das bereits Vergebung dafür ausgesprochen oder Vergebung erlebt hat. Während meines Gesprächs am Telefon habe ich gemerkt, wie verletzt mein Gegenüber von mir war, wie sehr ich aus meiner eigenen Verletztheit heraus selbst Unrecht getan habe.

 

 

Vergebung

Ich weiß gar nicht, ob ich es deutlich ‚rübergebracht habe, aber es war mir plötzlich ein dringendes Bedürfnis, um Vergebung zu bitten. Und habe bewusst Vergebung ausgesprochen. Der Konflikt ist damit nicht aus der Welt, aber mein Herz ist dadurch ein ganzes Stück leichter geworden (Ja, ich hoffe, das meines Gegenübers auch). 
 
Jesus sagt: „Wem ihr die Sünden erlasst, dem sind sie erlassen. Und wem ihr die Schuld nicht vergebt, der bleibt schuldig“ (Johannes 20, 23 HfA). Das ist oft nicht leicht. Aber es ist wichtig. Manche Verletzungen sind so tief, dass es uns kaum möglich ist, auch nur an Vergebung zu denken. Dennoch fordert uns Jesus auf, es zu tun – und er zeigt auch, wie es gelingen kann, denn nur einen Satz vor diesem sagt er: „Empfangt den Heiligen Geist!“ (Johannes 20, 22 HfA). 
 
Es ist der Geist Gottes, der mich stark macht, mir Worte schenkt, der mich antreibt. Aber dazu muss ich ihm Raum in meinem Leben geben, dazu muss ich bereit sein, Gottes Schritte zu gehen. Wenn ich ein weiches Herz haben will, wenn ich verhindern will, dass ich auch ein verbitterter alter Mensch werde, dann ist Vergebung der erste Schritt – und er ist unabdingbar.
 

Wenn ich anderen nicht vergebe, dann klebt das wie eine Last an meinem Herzen und macht es schwer. Indem ich lerne zu vergeben, werde ich diese Last los – und der andere auch. Mir war nicht bewusst, wie sehr ich meinen Gesprächspartner selbst vor Jahren mit meiner Reaktion verletzt hatte – und es tut mir – unabhängig von sachlichen Argumenten – sehr leid.

 

 

Vergangenheit – Vergangenheit sein zu lassen

Ich kann nur über mich selbst sprechen, aber ich bin nach dem Gespräch ein ganzes Stück geläutert und ein ganzes Stück freier zurück in meinen Alltag gegangen – und dankbar. Ja, mir ist damals Unrecht angetan worden, großes sogar. Aber das gibt mir weder das Recht, selbst ungerecht zu handeln, noch Vergebung zu verweigern.
 
Schädigen tue ich damit nur mir. Zu vergeben heißt freier zu werden, Lasten abzulegen und die Vergangenheit Vergangenheit sein zu lassen. Wenn ich vergebe, dann tut das meiner eigenen Seele gut, ganz gleich, ob die, denen ich vergebe, ihre Fehler einsehen und meine Vergebung annehmen oder nicht.
 
Ich lade dich ein, selbst auf dein Leben und deine Vergangenheit zu schauen. Wo gibt es Erlebnisse und Erfahrungen, die dein Herz belasten? Wo musst du Vergebung aussprechen? Bitte Gott, dich mit seinem Geist zu erfüllen. Bitte ihn aufzudecken, was dein Herz hart macht und vor allem auch, dass er dir die Kraft gibt zu vergeben, um diese Last loszuwerden. Das ist mit Arbeit verbunden, aber es macht frei.
 
Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de