Große Last

Ich habe seit vielen Jahren einen lieben Freund in der Nähe von Chicago. Fast 30 Jahre ist es her, seit ich Doug das erste Mal getroffen habe. Damals war er schon ein alleinerziehender Vater und war bereits geschieden. Heute ist er ein alter Mann, den seine Last auf den Schultern regelrecht am Leben hindert, weil er seine Verletzungen, seinen Frust und seine eigenen Fehler nie loslassen konnte.

Als ich ihn vor ein paar Tagen traf und fragte, wie es ihm ginge, wirkte er sehr resigniert, so, als hätte er sich schon lange aufgegeben. Und so sieht es in seinem ganzen Lebensumfeld auch aus. Seit Jahren hätte er seinen Ruhestand genießen können, aber sagt selbst, dass ihm sein Alltag ein Stück am Leben erhält. 

Jeden Morgen steht er früh auf, frühstückt und fährt ins Büro. Nachmittags kommt er spät nach Hause, trinkt das eine oder andere Glas Wein, isst etwas und geht dann schlafen, sieben Tage die Woche. Sein Haus sieht aus, als wäre die Zeit stehen geblieben, er kümmert sich einfach nicht mehr, und es interessiert ihn auch nicht mehr.

Wirf den Sack von deinem Rücken!

Die Situation zerreißt mir das Herz, denn ich habe Doug echt gern. Als ich ihn fragte, was er sich für sein Leben wünschen würde, kam er nur (wieder einmal) auf seine Ex-Frau und die unschöne Scheidung zu sprechen. Er fluchte wild und wünschte der Frau nur das Schlechteste. Wie gesagt, ich kenne diesen Mann seit 30 Jahren und noch länger muss er geschieden sein. 

Aber bis heute trägt er die Last wie einen Rucksack auf dem Rücken, der so schwer ist, dass er ihn am Leben hindert.

Rucksack leeren

Ganz anders und praktisch sind die Berichte einer ehemaligen Arbeitskollegin, die ich regelmäßig lese. Sie ist gerade auf dem Jakobsweg unterwegs und schreibt fast täglich, wie sie ihren Rucksack leichter und leichter macht, damit sie die Anstrengungen besser bewältigen kann. 

Sie trennt sich von immer mehr Dingen, von denen sie anfangs dachte, dass sie sie brauchen würde und kommt mit weniger Last auf dem Rücken besser voran. 

Solch eine Entlastung bräuchten wir in unserem Leben. Nicht nur, dass es genügend materielle Dinge gibt, von denen wir uns trennen könnten, unser Rucksack ist voll von Verletzungen, die man uns zugefügt hat, von Ärger, Wut, Trauer, aber auf von Fehlern und Schuld, die wir nie losgelassen haben. 

Was bedeutet Entlastung?

Doug läuft 30 Jahre mit zu schwerem Gepäck herum, und das hat ihn förmlich kaputt gemacht. Meine Kollegin erlebt, was Entlastung bedeutet, wenn auch „nur“ auf ihrem Rücken. 

Jesus hat einmal seinen Zuhörern mächtig ins Gewissen geredet, als er sagte: „Euer Vater im Himmel wird euch vergeben, wenn ihr den Menschen vergebt, die euch Unrecht getan haben“ (Matthäus 6, 14 HfA).

Es stecken zwei Schritte in dem einen Satz, die unser Leben leichter machen: Vergib anderen und lass dir vergeben! Wirf den schweren Sack von deinem Rücken. Er ist so schwer, weil wir nicht vollkommen sind. Wir alle haben Fehler, Mängel, Schuld und Scham, Wut und Ärger in diesen Sack gesteckt. 

Wirf den Sack ab. Lass schlechte Dinge wirklich los. Du kannst Dinge, die geschehen sind, nicht rückgängig machen. Es ist, als würdest du ein rohes Ei aufschlagen. Auch das kannst du nie wieder zusammensetzen. Aber es muss nicht dein Leben bestimmen, was geschehen ist. 

Vergib anderen

Sprich Dinge bewusst aus. Vergib anderen und bitte Gott um Vergebung. Wenn du das getan hast, dann hat Gott dir vergeben, er hat den Preis schon vor langer Zeit bezahlt. Und wenn du vergeben hast, dann lass los – auch, wenn du vielleicht merkst, dass dein eigenes Herz noch nicht frei ist. 

Sag zu dir selbst: „Ich kann nicht ungeschehen machen, was geschehen ist, aber ich lasse es nicht zu, dass es zu einem Gewicht in meinem Rucksack wird. Ich habe es bei Gott abgegeben und nehme die Last nicht mehr mit. Ich habe Vergebung ausgesprochen und lasse nicht zu, dass Groll, Ärger, Frust und Trauer mich wieder gefangen nehmen!“

Mach es, wie meine Kollegin auf dem Jakobsweg und lass Dinge, die dich belasten, hinter dir. Wirf sie weg und geh deinen Weg, ohne zurückzuschauen. 

„Nachfolge geht nicht ohne Loslassen. Ballast muss abgeworfen werden“ (Gordon MacDonald).

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de