Öffne deinen Mund und bete

Was kommt dir in den Sinn, wenn du an „Gebet“ denkst? Eine bestimmte Atmosphäre? Ein bestimmter Ort? Feste Riten und gewählte Worte? Auf jeden Fall gehört doch bestimmt die innere und äußere „richtige“ geistliche Einstellung dazu, oder? Ich habe noch gut die Worte einiger älterer Geschwister im Ohr, die ich zu hören bekam, als ich die ersten Male im Gottesdienst war, nachdem ich frisch Christ wurde: „Im Gottesdienst musst du dich aber benehmen! Und so, wie du rumläuft, kannst du nicht vor Gott treten!“

Manch einer wähnt sich sogar auf der „richtigen“ Seite, mit einer derartigen Einstellung. In Psalm 34, 18 (HfA) heißt es doch: „Wenn aber rechtschaffene Menschen zu ihm rufen, hört er sie und rettet sie aus jeder Not.“
 
 

Hölle auf Erden

Bei Jona war die Situation eine ganz andere. Er war vor Gott geflohen. Man hatte ihn über Bord ins Meer geworfen – und nun sitzt er im Bauch eines Wals und schreit zu Gott. Er ist am tiefsten Punkt seines Lebens angekommen. Sündig (wie wir im feinsten Kirchendeutsch zu sagen pflegen), dreckig, stinkig und völlig am Ende, ohne jegliche Perspektive, aber mit dem Wissen, dass er selber schuld an allem ist.
 
Bei Luther heißt es: „Ich schrie aus dem Rachen des Todes, und du hörtest meine Stimme“ (Jona 2, 3 LUT). Das Hebräische Wort, das mit „Rachen des Todes“ oder in anderen Übersetzungen mit „Totenreich“ übersetzt wird, heißt im Hebräischen Urtext „Sheol“ (hebräisch שְׁאוֹל). 
 
Viele Gelehrte übersetzen dieses Wort, das es nur in der jüdischen Tradition gibt, nicht nur mit Grab oder Totenwelt, sondern auch mit „Hölle“. Jona erlebt quasi die Hölle auf Erden. Er hat alles falsch gemacht und ist kläglich gescheitert. 
 
 

Zu Gott schreien

Und genau hier tut er seinen Mund auf und schreit zu dem Gott, mit dem er aufgewachsen ist, von dem er weiß, dass er lebt und ihn hört, auch, wenn er vor ihm weggelaufen ist. 
 
Es ist nicht so, dass Gott leise oder vorformulierte Gebete nicht hört. Aber es gibt Momente, da ist es gut, den Mund aufzumachen und zu Gott zu rufen, zu schreien: Wenn du in Not bist, voller Trauer, wütend, am Ende. Dann tu deinen Mund auf und sprich aus, schrei heraus, was dein Herz bewegt. 
 
Jona schreit zu Gott in einer Situation, als er absolut nicht wusste, wie es weitergehen sollte. Und dennoch wusste er, dass Gott seine Stimme gehört hatte, dass Gott ihn nicht alleine lassen würde.
 
 

Um Hilfe bitten

Wenn wir denken, Gott würde uns nur hören, wenn alles rund läuft in unserem Leben, wenn wir brav waren und alles richtig gemacht haben, dann liegen wir falsch. Gerade, wenn du verzweifelt bist, am Boden zerstört, voller Schuld und Dreck, dann schrei zu Gott und er wird dich erhören. 
 
Gerade, wenn du weggelaufen bist vor ihm, wenn du nichts mit ihm zu tun haben wolltest, dann ruf nach ihm. Welche Mutter oder welcher Vater würde sein Kind abweisen, wenn es dreckig, hungrig, verzweifelt, mit zerschlissenen Klamotten vor der Tür steht, einen mit müden Augen anschaut und um Hilfe bittet?
 
 

Öffne deinen Mund

Warte nicht, bis du das Gefühl hast, du wärst würdig, vor Gott zu treten, sondern in jeder Lebenssituation öffne deinen Mund und rede mit Gott! David schreibt in einem anderen Lied: „Von Furcht überwältigt, dachte ich: »Ich bin vom Herrn verstoßen!« Doch du hast mich gehört, als ich um Hilfe schrie“ (Psalm 31, 23 HfA).
 
Der Herr wird dich nicht verstoßen, auch, wenn du in deinem Leben in der Hölle auf Erden gelandet bist. Gott hört den Drogenabhängigen ebenso, wie den Trickbetrüger, den Ehebrecher genauso, wie die gefallene Tochter. Gott liebt dich und hört dich. 
 
Jona weiß, dass Gott ihn selbst an diesem widerlichen Ort hört und retten wird. Es gibt keinen Zustand in deinem Leben, in dem Gott dies nicht auch bei dir tun würde. Deshalb: Öffne deinen Mund und rede!
 
„Wie die Mutter sich freut, wenn sie das erste Lächeln ihres Kindes bemerkt, so freut sich Gott jedesmal, wenn er vom Himmel sieht, dass ein Sünder sich vor ihm aus vollem Herzen zum Gebet beugt“ (Fjodor Michailowitsch Dostojewski).
 
Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de