Mann im dunklen Raum

Total zusammenschweißen

Vor vielen Jahren organisierte ich eine Jugendreise mit den Pfadfindern nach Holland. Wir mieteten ein Plattenboot an und erkundeten zusammen mit dem Captain, einem Maat, das Ijsselmeer. Das war für die Jugendlichen ein Erlebnis, das sie als Gruppe total zusammenschweißte. Auf dem großen Schiff war klar, allein bist du machtlos, nur als Gruppe kannst du bestehen. 
 
Das fing beim Lichten des Ankers an und endete beim Essen-Kochen in der Kombüse. Ein Erlebnis werde ich absolut nicht vergessen: An einem Tag war etwas stärkerer Wind – und so war es schwer, das Hauptsegel zu hissen. Ich kann mich daran erinnern, wie wirklich alle von uns am Tau zogen und versuchten das Segel nach oben zu bekommen. 
 
Irgendwann ging wirklich nichts mehr, obwohl das Segel immer noch nicht ganz gespannt war. Da kam von hinten der Maat zur Hilfe, fasste das Seil mit einer Hand (!) und zog einmal kräftig daran. Das Segel erklomm die letzten Zentimeter und war voll gespannt. Die Kraft und das Geschick eines Mannes bewirkten mehr als ein knappes Dutzend Pfadfinder, die im wahrsten Sinne des Wortes in den Seilen hingen. 
 

Ich brauche in meinem Leben manchmal Hilfe

Ohne die Hilfe des Maats hätten wir es wohl nicht geschafft, was mich zu der Erkenntnis brachte: Ich brauche in meinem Leben manchmal Hilfe, die stärker und geschickter ist als ich. Wenn ich in Not bin, sich Probleme häufen, wenn ich vor wichtigen Entscheidungen stehe, wenn Streit im Raum ist, wenn ich schwach bin, wenn ich Inspirationen brauche und in vielen weiteren Situationen sehne ich mich nach so einer Kraft, die größer ist als meine – und die wirklich Lösungen hat – eine Kraft, die so anpackt in meinem Leben, wie der Maat damals auf dem Schiff.
 

Woher kann ich Hilfe erwarten?

Denn: Oft genug stehe ich fast hilflos da und denke, dass es nicht weiter geht. Oft genug weiß ich, dass von einer Entscheidung wahnsinnig viel abhängt. Oft genug möchte ich etwas tun, etwas bewegen und verändern, habe aber keine Kraft dazu.
 
Was ich dabei schnell vergesse ist, dass ich diese Kraft schon habe. Dann geht es mir so wie es David beschreibt: „Ich schaue hinauf zu den Bergen – woher kann ich Hilfe erwarten?“ (Psalm 121, 1 HfA) – aber David kennt die Lösung: „Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat!“ (Psalm 121, 2 HfA).
 
Gott ist wie der Maat auf dem Plattenboot, der nur darauf wartet, dass wir ihn ans Werk lassen. Aber er ist viel näher als der Maat. Gottes Kraft lebt in uns. Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom: „Mehr noch: Der Geist, der in euch lebt, ist ja der Geist dessen, der Jesus vom Tod auferweckt hat. Dann wird derselbe Gott, der Jesus Christus vom Tod auferweckt hat, auch euren todverfallenen Leib lebendig machen. Das bewirkt er durch seinen Geist, der schon jetzt in euch lebt“ (Römer 8, 11 GNB).
 

Gottes Kraft

Was Paulus sagt, ist nichts anderes, als dass die Kraft, die Jesus von den Toten auferweckt hat, die Kraft ist, die in uns Christen lebt – Gottes Kraft, Gottes Geist. Paulus ermutigt uns deswegen, nach innen zu schauen. Nach innen schauen heißt nicht, eine eigene innere Kraft zu suchen, sondern von der eigenen vermeintlichen Kraft wegzuschauen. 
 
Es ist oft mein Aktionismus, meine Selbstüberschätzung, mein Ego, das sich immer wieder auf den Thron meines Lebens setzt, die verhindern, dass Gott in mir wirken kann. Ich will stark sein, aber dadurch kann er nicht meine Stärke sein. Ich will selbst entscheiden, deswegen kann er mir den Weg nicht weisen. Und wenn ich dann wieder einmal müde und abgeschlagen rufe: „Woher kann ich Hilfe erwarten?“ – dann antwortet Gott: „Danke, dass du jetzt endlich mal zuhörst. Meine Kraft ist da. Du musst sie nur entdecken, du musst sie zulassen, du musst mal ein Stück beiseite treten, so wie damals auf dem Boot, als der Maat nach vorne wollte.“
 

Gebet

Der Geist Gottes lebt in einem jeden Christen – aber viel zu oft sperren wir ihn ein, halten ihn klein oder ignorieren ihn ganz. Deshalb sollten wir beten: „Gott, bitte hilf, dass deine Kraft, dein Geist, deine Weisheit Raum bekommt in uns und in unserem Leben. Hilf uns, dass wir wegschauen von uns selbst und hinschauen zu dir. Hilf uns, dass wir nicht versuchen, alles selber in die Hand zu nehmen, sondern, dass wir nach innen schauen, ruhig werden, beiseite treten und dich machen lassen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit – AMEN!“
 
Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de