Gerechtigkeit

Es gibt Menschen in dieser Welt, bei denen ich denke: „Gut, dass Gott das letzte Wort hat. Eines Tages wird Gerechtigkeit kommen, und dann sehen diese Leute ziemlich alt aus!“ Ich meine damit nicht nur die „richtig Bösen“, wie Hitler oder Putin. Ich spreche auch von dem selbstherrlichen Chef, der seine Mitarbeiter regelmäßig runtermacht, von der boshaften Nachbarin, die die ganze Straße tyrannisiert, vom Kollegen, der hinterhältig und gemein ist und damit auch noch regelmäßig durchkommt. 

Wahrscheinlich kennst du auch solche Menschen oder Situationen, in denen du hoffst, dass eines Tages die gerechte Strafe kommt und dem allen ein Ende macht – absolut nachvollziehbar. Viel zu lange haben wir die Füße stillgehalten. Viel zu lange mussten wir machtlos zusehen, wie das Unrecht herrschte. 

Gnädiger Gott

Wir waren ohnmächtig und konnten unsere Wut eigentlich nur zügeln, weil wir wussten, dass Gott ein gerechter Richter ist und das Unrecht nicht ewig akzeptieren würde. Irgendwann würden auch diese Tyrannen, Bösewichter, Lästermäuler, Betrüger fallen. 

Jona muss sehen, dass Gott ein Gott der zweiten Chancen, ein gnädiger Gott ist – nicht nur in seinem eigenen Leben. Immerhin hatte Gott ihn gerettet, nachdem er über Bord eines Schiffes mitten ins Meer geworfen wurde. Er muss auch sehen, dass Gott ein Herz für die Menschen in Ninive hat, die eingesehen haben, dass sie auf absolut falschen Wegen unterwegs waren. 

Eine zweite Chance

Gott hat selbst den Bösesten der Bösen eine zweite Chance gegeben und hatte die Stadt verschont. Und anstatt sich darüber zu freuen, ist Jona echt sauer: „Jona aber ärgerte sich sehr darüber, voller Zorn betete er: »Ach, HERR, habe ich das nicht gleich geahnt, als ich noch zu Hause war? Darum wollte ich ja auch so rasch wie möglich nach Tarsis fliehen! Ich wusste es doch: Du bist ein gnädiger und barmherziger Gott. Deine Geduld ist groß, deine Liebe kennt kein Ende. Du lässt dich umstimmen und strafst dann doch nicht“ (Jona 4,1-2 HfA).

Als Leser denke ich: Man, ist der Jona dumm. Er hat doch die Stadt gerettet. Wäre er nicht mitten ins Zentrum des Bösen gegangen und hätte Gottes Strafgericht angedroht, dann wäre die Stadt verloren gewesen. Stolz sollte er doch auf sich sein. Er ist ein Held. 

Aber Jona ist sauer, eingeschnappt. Und wenn wir ehrlich sind, dann empfinden wir auch manchmal ganz genauso. Jemand, der es verdient hat, dem soll Gott doch wirklich mal einen Knüppel zwischen die Beine werfen, den Hintern versohlen, ihn mal so richtig schütteln.

Gott ist ein Gott der neuen Chancen

Aber Gott ist eben anders. Und das ist auch gut so. Gott ist ein Gott voller Barmherzigkeit, der immer und immer wieder neue Chancen gibt, egal wie schlimm Menschen sind oder wie oft sie sich von ihm abwenden. Gott ist ein Gott der neuen Chancen. 

Und eigentlich müssten wir das ganz genau wissen, denn wir alle haben unsere dunklen Flecken. Wenn wir also nach Gottes Gericht rufen und Bestrafung damit meinen, dann müssten wir uns – wenn wir es ehrlich meinen – ganz vorne mit anstellen.

Wenn wir aber erwarten und erleben, dass Gott vergibt, dass er neue Anfänge schenkt, dass er Wege ebnet, heilt, wieder herstellt, aufrichtet, neuen Sinn schenkt, dann sollten wir das eben auch bei anderen erwarten. Ja, mein Verstand tut sich schwer damit zu akzeptieren, dass Gott sogar den richtigen Bösewichtern eine zweite Chance gibt, aber letztendlich muss ich einsehen: 

Wenn Gott mir Gnade schenkt, dann hat jeder Gnade verdient. Denn es bleibt die Frage, wann ich das nächste Mal vor Gottes Willen weglaufe und tue, was mein Ego sagt. Spätestens dann kann ich froh sein, dass Gott ein gnädiger Gott ist!

„Der letzte Ruhm ist nicht, dass die Welt gerichtet und verurteilt wird, sondern dass Christus durch sein Kreuz, das auch das Kreuz der Gemeinde ist, die Welt begnadigt und Frieden macht“ (Dietrich Bonhoeffer). 

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten

https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de