Stadtmauer im Abendlicht

Alte Gemäuer

Ich war schon immer von alten Burgen begeistert. Seit meiner Jugend liebe ich es, Burgen zu besichtigen, wann immer es möglich ist. Wenn ich mir vorstelle, was diese alten Gemäuer schon alles gesehen und gehört haben, wer sich in ihnen bewegt hat und was hier an Freud und Leid alles geschehen ist, dann wird mir ganz warm ums Herz. Eine Burg ist eine Burg.

Es gab zwar eine Zeit, in der es Mode war, dass man Burgen baute, die von Beginn an halb verfallen aussahen, weil sie dann eine Art romantischen Charme ausstrahlen würden, aber das sind keine richtigen Burgen. 

Richtige Burgen sind alte Gemäuer, die viel erlebt haben. Richtige Burgen stehen oft seit Jahrhunderten. Die Mauern sind dick und uneinnehmbar. Solche Burgen bieten Schutz und haben so manchen Kampf und manchen Krieg überstanden. 

Alte Heimat Schlesien

Als ich kurz nach der Wende mit meiner damals schon über 90-jährigen Uroma in ihre alte Heimat nach Schlesien gefahren bin, haben wir auch dort eine alte Burg in der Nähe ihres Elternhauses besucht. Es gibt einen kleinen, holprigen Weg hinauf – und je näher wir dem Eingang kamen, desto flinker rannte die alte Dame. 

Oben angekommen war sie so aufgeregt, dass sie gar nicht bemerkte, dass die Burg heute ein Museum war und wir Eintritt bezahlen mussten. Sie rannte durch den Eingang in den Burghof und strahlte. „Hier“, so sagte sie aufgeregt, „habe ich als junges Mädchen dem Kaiser Kaffee ausgeschenkt!“

Die Dame im Kassenhäuschen vergaß ihren Ärger und war gerührt, als ich ihr mit Händen und Füßen zu erklären versuchte, warum meine Uroma sie so schmählich verachtet hatte. 

Zwei Weltkriege waren seitdem vergangen, seitdem meine Uroma und der letzte Deutsche Kaiser aufeinander getroffen waren. Die Bevölkerung des Landes war einmal komplett ausgetauscht worden, die Zeit des Eisernen Vorhangs war vorbei, die Demokratie war in Polen eingezogen. Und die Burg stand immer noch da, stolz, in ihren Grundfesten unerschütterlich, fast majestätisch.

Eine Burg ist eine Burg

Vielleicht war meine Faszination in der Jugend besonders groß, weil ich mich in meinem Leben immer nach solch einem Schutz gesehnt hatte. Mein Leben war eher wie ein Wandern auf losen Baumstämmen, die im Meer treiben, immer in Bewegung, immer voller Risiken und nie sicher. 

Eine Burg ist genau das Gegenteil und weckte meine Sehnsucht nach Schutz und Geborgenheit. Als ich Gott kennenlernte, stolperte ich dann über einen Vers aus den Psalmen, wo es heißt: „Der Herr ist mein Fels, meine Burg und mein Retter; mein Gott ist meine Zuflucht, bei dem ich Schutz suche. Er ist mein Schild, die Stärke meines Heils und meine Festung!“ (Psalm 18, 3 NLB).

Mir war sofort klar, dass das die Lösung meiner Sehnsucht bedeuten konnte. Aber ich hatte das Problem, dass ich diese Burg auch eher wie ein Museum oder eine Ruine betrachtete, die man gerne mal besuchte, eine Führung mitmachte, um dann wieder ins „richtige Leben“ zurückzukehren. 

Es ist nicht leicht, sich vorzustellen – oder es gar anzunehmen, dass Gott einen Schutz bietet, wie eine Burg, wenn Gefahren von außen kommen. Ich zog lieber sofort meine vermeintlich sichere Rüstung an und lief in den Kampf. Das hatte oft zur Folge, dass ich mir Blessuren und Verwundungen zuzog. 

David hatte anderes erlebt. Er wusste: Wenn die Feinde angriffslustig auf einen zu rennen, dann findet er Schutz bei Gott, eine Festung, die nicht eingenommen werden kann. Wenn wir das verstehen und danach leben, dann ist eine Burg eine Burg, dann ist Gott unsere Festung, unsere Zuflucht, unser Schutz. Ganz ohne Eintritt und Führung. 

Sei gesegnet!

 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleitenhttps://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de