Mann betet

Verloren

Nun war es also wirklich passiert. Ich hatte meinen Schulschlüssel verloren. Als ich ihn den ersten Tag nicht im Schlüsselschrank gefunden hatte, machte mich das noch nicht nervös. Zu oft schon war er tief in einer Tasche verbuddelt oder klapperte fröhlich in der Jacke, die ich mir gerade überwerfen wollte.

Ich musste dringend etwas aus der Schule holen und suchte deswegen danach. Aber schnell hatte ich alle Optionen, wo der Schlüssel vermeintlich hätte sein können, gecheckt. Vielleicht hatte ich ihn einfach in der Schule hängen lassen.

Mein Name prangte ja in leuchtenden Buchstaben am Schlüssel-Anhänger, also würde er sicherlich in meinem Fach liegen. In der Schule angekommen sah ich zuerst dort nach, dann in dem Klassenraum, in dem ich am Tag zuvor unterrichtet hatte: Fehlanzeige.

Beten und Bitten

Ich machte mich wieder auf den Heimweg, und mein Hirn fing an zu rattern: Was hatte ich am Tag zuvor noch einmal nach der Schule gemacht? Mein Puls fing an zu rasen, was mir das Nachdenken noch schwerer machte. Zu Hause kam ich an und drehte die Wohnung noch einmal auf den Kopf, nichts. Ich betete und suchte, betete und grübelte, betete und überlegte, wie viel finanzieller Schaden wohl entstehen würde, wäre der Schlüssel wirklich weg.

Auch meine Frau und meine Kinder hatten nichts gesehen. Schätzungsweise 60 – 70 Schlösser müssten wohl ausgetauscht werden, mehrere Hundert neue Schlüssel geordert. Wären es 5000 Euro, 8000 Euro oder noch mehr?

Der Druck wurde größer

Das Wochenende begann, und immer noch nichts vom Schlüssel. Immer wieder betete ich und bat Gott, mir zu helfen. Auf der einen Seite wurde mein Gebet dringlicher, weil mein innerer Druck größer wurde, auf der anderen Seite kam ich mir so dumm vor.

Ich hatte doch Gott mein Anliegen gesagt, was sollte ein „Bitte, bitte, bitte“ denn bringen? Würde ich ihm damit nicht auf den Keks gehen, wenn ich immer wieder wiederholte, was ich von ihm wollte? Ich kam mir vor, wie ein kleiner Junge, der gerne ein Eis wollte: „Bitte, bitte, bitte!“

Intensiv beten

Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom: „Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet“ (Römer 12, 12 LUT). Und ich fragte mich: Warum kann ich eigentlich nur so ehrlich und intensiv beten, wenn ich in Not bin?

Warum bete ich nicht so intensiv darum, dass Gott mir Fehler wegnimmt, die ich habe? Dass er mich verändert, Jesus ähnlicher macht? Warum ist mein Gebet für andere oft so lau? Und warum versuche ich, intensiv auf den Heiligen Geist zu hören, wenn ich hoffe, er würde mir leise sagen, wo mein Schlüssel liegt, aber ich gebe mir kaum Mühe zu hören, wenn ich Gott bitte, mir meinen nächsten Schritt zu zeigen?

Gebetsleben

Das Ende der Schlüsselgeschichte geht gut aus. Nachdem ich am Montag die Schule noch einmal erfolglos durchforstet hatte, fand ich ihn nachmittags im Schlüsselschrank. Er war wohl beim Zuwerfen der kleinen Tür vom Haken gerutscht und läge zwischen lauter Kram, der dort unnütz herumliegt.

Ich bin Gott unendlich dankbar. Natürlich dafür, dass der Schlüssel wieder aufgetaucht ist (das wäre er sicherlich auch irgendwann ohne Gebet, denn er lag ja die ganze Zeit dort), aber vielmehr für die Lektion, dass ich mir einmal Gedanken über mein Gebetsleben machen sollte.

Plötzlich hatte ich Zeit zum Beten, ganz einfach im Alltag. Aaus vollem Herzen, betete ich plötzlich, versuchte meine Ohren zu spitzen und sensibel auf Gottes Antwort zu sein. Ob ich mir das zumindest eine Weile lang erhalten kann?

Und wann hast du das letzte Mal wirklich intensiv und ehrlich gebetet?

Gebet

Herr, hilf mir zu beten! AMEN

Sei gesegnet!

„Wie man betet, so liebt man“ (Arno Backhaus).

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de