Schwere Kindheit

„Du musst nur sagen, du hättest eine schwere Kindheit gehabt, damit kommst du vor Gericht immer durch!“ Diesen Rat hab ich schon oft gehört. Ich hatte eine schwere Kindheit. Meine Mutter war Alkoholikerin, die Männer, die bei uns ein- und ausgingen ebenfalls. Mein Vater verließ schwer depressiv die Familie, als ich sechs Jahre alt war. 
 

Sollte ich je etwas anstellen und vor einem Richter landen, dann könnte ich also diese Trumpfkarte auch versuchen auszuspielen (ich weiß natürlich nicht, ob das ein Gerücht ist oder ob das wirklich helfen würde, das Strafmaß zu senken).

Ein Kind Gottes

Als ich die ersten Begegnungen mit Christen hatte und diese mir sagten, ich könne „ein Kind von Gott“ werden, wenn ich Jesus in mein Leben einlade, wirkte das auf mich alles andere als attraktiv. Noch einen Vater, wie mein Vater war, brauchte ich nun wirklich nicht. Und solch eine Mutter, wie meine Mutter war, auch nicht. 

Ein guter Vater

Ich will es in meinem Leben anders machen: Jetzt, wo ich selber Kinder habe, investiere ich alles, was ich kann, um ein guter Vater zu sein. Und das ist oft gar nicht so einfach. Wie oft taucht das Bild von mir selbst als kleines Kind vor meinem inneren Auge auf, wenn eines meiner Kinder weint. Dann ist es schwer für mich, konsequent zu sein. Ich möchte nicht, dass meine Kinder durchmachen müssen, was ich durchgemacht habe.

Sie sollen sich nie verlassen fühlen, weil ich nicht da bin, nie Mangel leiden, weil im Kühlschrank Bier und eine Flasche Apfelkorn liegen, aber nichts Ordentliches zu essen. Sie sollen nie ausgelacht werden, weil sie keine Stifte in der Schule haben oder „abgeranzte“ Klamotten tragen müssen.

Dinge schätzen lernen

Auf der anderen Seite möchte ich sie auch nicht zu sehr verwöhnen. Ich weiß, dass das auch nicht gut ist. Meine Kinder sollen ja auch den Wert von Dingen schätzen lernen. Auch, was Strafen angeht, bin ich ständig im Zwiespalt. Mein Bruder und ich wussten nie, was uns erwartet, wenn wir als Kinder nach Hause kamen, weil unsere Mutter emotional unberechenbar war. Wir wurden oft hart für Dinge bestraft, die eigentlich lächerlich sind, andererseits war es der Mutter manches Mal völlig egal, wenn wir wirklich etwas ausgefressen hatten.

Bei meinen Kindern möchte ich ein gutes Maß finden – vor allem aber möchte ich, dass ich mich von der Liebe leiten lasse – der Liebe, die das Beste für meine Kinder will. Ich will alles dafür geben, dass meine Kinder eine behütete und glückliche Kindheit erleben. Zu solch einer Kindheit gehören natürlich auch Tränen, Konsequenzen, manches Scheitern und manches Aufstehen, aber vor allem auch Geborgenheit, Trost und Hilfestellung. Ich hoffe, dass ich meinen Teil dazu beitragen kann, dass aus meinen Kindern wirklich tolle Erwachsene werden. 
 

Gott kennt das gute Maß

Das Gute ist, dass Gott genau so ein Vater für uns sein möchte. Ich bin ihm genauso wichtig, wie meine Kinder mir wichtig sind. Er würde alles dafür geben, dass ich ein gutes Leben habe – und er hat es schon lange getan, denn er hat das wertvollste gegeben, was er hatte: seinen eigenen Sohn. Gott kennt das gute Maß, das ich brauche, zwischen dem, wie er mich verwöhnt und dem, was nicht mehr gut für mich ist.

Ja, Gott erzieht mich auch – auch ich muss lernen, Konsequenzen für meine Handlungen zu übernehmen. Aber seine Motivation ist noch viel mehr als bei mir die Liebe, denn ER ist die Liebe. Gott weiß, was wirklich gut für mich ist (bei meinen Kindern vermute ich vieles und hoffe manches, weiß aber auch, dass ich hier und da übers Ziel hinausschieße).

ER hat sich quasi seinen Weg an all meinen Verletzungen, all meinem Misstrauen, all meiner Ablehnung vorbei in mein Herz gebahnt und hat es weich und empfänglich gemacht. Paulus beschreibt es so: „Gottes Geist selbst gibt uns die innere Gewissheit, dass wir Gottes Kinder sind“ (Römer 8,16).

Bewusstsein

Dieses Bewusstsein, selbst ein guter Vater sein zu wollen, hat mir sehr geholfen, Gott noch einmal besser kennen zu lernen. Die Erkenntnis aber, dass ich sein Kind sein darf, hat Gott mir – all meiner Skepsis zum Trotz – selbst geschenkt, als ich wirklich irgendwann an dem Punkt war, dass ich Jesus in mein Leben eingeladen habe. Denn der Geist Gottes hat etwas in mir bewirkt. 
 

Auch, wenn ich noch viel lernen muss, weiß ich heute: Gott meint es gut mit mir. Es ist gut, sein Kind zu sein.

Kindheit

Wenn du selbst keine gute Kindheit hattest, ist es dann nicht vielleicht gut, das alles hinter sich zu lassen? Und auch, wenn du eine super schöne Kindheit hattest, es aber nie erlebt hast, dass Gott dein guter Vater ist, dann lade ich dich ein, darüber nachzudenken: Was hält dich davon ab, ihn einzuladen? 
 
Sei gesegnet.

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de

 
 

Auch, wenn ich noch viel lernen muss, weiß ich heute: Gott meint es gut mit mir. Es ist gut, sein Kind zu sein.