aufgeschlagene Bibel Johannes14, 9

Operation

Wir schreiben den 15. Februar 1921. Evan O’Neill Kane liegt auf dem Operationstisch. Sein Blinddarm ist schwer entzündet und muss herausgenommen werden. Aber diese Operation sollte anders sein als alle Operationen jemals zuvor:  Kane ist nämlich selbst Chirurg und wird sich selbst den Blinddarm entfernen. 
 
Mit Kissen stützt er sich ab, um seinen Unterbauch gut sehen zu können. Er injiziert sich selbst eine lokale Anästhesie in die Bauchdecke und beginnt die nötigen Schnitte. Sein Operationsteam ist fassungslos. Die Augen der Umstehenden werden größer, als es an einer Stelle eine Komplikation gibt.
 
Kane hatte sich nämlich zu weit nach vorne gelehnt, sodass ein Stück seines Darmes aus der Wunde quoll. Ruhig und besonnen reagiert der Chirurg und schiebt das Stück wieder zurück unter die Bauchdecke.
 
Die Operation gelingt, der entzündete Teil des Bauchnabels ist entfernt und Evan O’Neill Kane erlangt Weltberühmtheit. Nein, er wird nicht unsterblich, aber er darf noch weitere elf Jahre leben und stirbt erst 1932 im Alter von 70 Jahren an einer Lungenentzündung.
 

Authentisch und realistisch

Nach seiner spektakulären Selbst-Operation wurde er gefragt, warum er dieses Risiko eingegangen war. Seine Antwort: Er habe wissen wollen, wie sich Patienten unter einer lokalen Betäubung fühlen und auch, ob diese gut wirkt. 
 
Wenn es also jemanden nach dieser OP gab, dem der Appendix unter lokaler Anästhesie herausgenommen werden sollte, dann konnte Kane nicht nur theoretisch berichten, was passieren würde und wie man sich dabei fühlte (oder eben, dass man bei der Operation eben am Bauch nichts spürte), sondern er konnte von seinen eigenen Erfahrungen, eigenen Gefühlen und auch von seinen eigenen Schmerzen berichten, authentisch und realistisch.
 

Weiß Gott, wie es mir geht?

Mir hilft diese Geschichte, wenn ich mich frage, ob Gott weiß, wie es mir geht. Kann er nachvollziehen, was für ein Kopfkino ich manchmal habe? Versteht er die Achterbahn meiner Gefühle, die mich manchmal in meinem Leben hin und her schütteln? Weiß er, wie sich Tränen anfühlen, Verzweiflung, aber auch überschwängliche Freude, sodass ich am liebsten tanzen würde?
 
Er tut es, denn sein Sohn Jesus hat alle diese Gefühle selbst erlebt. Jesus sagt einmal zu einem seiner Freunde: „Philippus, weißt du denn nach all der Zeit, die ich bei euch war, noch immer nicht, wer ich bin? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen! Warum verlangst du noch, ihn zu sehen?“ (Johannes 14, 9).
 
Gott ist nicht nur der Erfinder aller Gefühle, er hat sie in Jesus auch alle selbst erlebt und gespürt. Er versteht uns. Das macht es mir nicht immer leichter, mit ihm über meine Gefühle zu sprechen. Aber, wenn ich es tue, dann schlägt Gott nicht innerlich sein Lexikon auf und schaut nach: Ach ja, da gab es ja noch dieses oder jenes Gefühl.
 

Gott versteht mich!

Er versteht mich, weil er selbst so gefühlt hat. Deswegen kann er gut darauf reagieren. Ich kann mir vorstellen, dass es den Menschen, die Angst vor einer Blinddarm-OP hatten, guttat, wenn Kane ihnen sagte: „Ich verstehe Sie. Aber ich kann Ihnen versichern, ich habe das auch durchgemacht und durchgestanden!“
 
Und so tut es gut, wenn ich zu Gott gehe, ihm von meinen Gefühlen erzähle und mich in den Arm nehmen lassen. Dann höre ich es ganz leise tröstend durch seinen Geist: „Ich verstehe dich. Aber ich kann dir versichern, ich habe das auch durchgemacht und durchgestanden. Und ich bin bei dir!“
 
Auch, wenn es nicht immer leicht ist, Gott zu sagen, wie es mir geht – es tut gut. 
 
Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleitenhttps://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de