Engelstatue  auf Sockel

Kulissen in Disneyland

Wehe euch, ihr Schriftgelehrten und Pharisäer! Ihr Heuchler! Ihr seid wie die weiß getünchten Grabstätten: Von außen erscheinen sie schön, aber innen ist alles voll stinkender Verwesung“ (Matthäus 23, 27 HfA). Wow, denke ich, da nimmt Jesus aber ganz schön harte Worte in den Mund, als er wieder einmal die Schriftgelehrten, die sogenannten Pharisäer maßregelt. Das waren Menschen, die die jüdischen Gesetze radikal umzusetzen versuchten, im Herzen aber versteinert und lieblos waren. Sie hatten so etwas, wie eine fromme Fassade.

Jesus vergleicht sie mit den damals extrem weiß getünchten Gräbern. Diese wurden so auffällig angemalt, damit nicht jemand sie aus Versehen anfassen und sich damit verunreinigen würde. „Außen hui, innen pfui!“, wie das Sprichwort sagt. Oder wie die Kulissen in Disneyland. Wenn du auf der einen Seite schaust, dann siehst du eine prächtige Stadt, wenn du aber hinter die Kulissen schaust, ist da nichts – außer einem unansehnlichen Gerüst, das die Fassade hält. Nichts ist echt, alles künstlich.

Haben Fassaden Fundament?

Wenn wir solche Fassaden in unserem Leben aufbauen (und das tun mehr Menschen, als wir glauben), schaden wir uns selbst. Als ich etwa 18 Jahre alt war – und schwer verliebt – hatte ich solch eine Fassade. Ich wirkte wohl nach außen hin, wie ein „Frauenheld“, war aber im Herzen absolut unsicher und zu scheu, um überhaupt jemanden anzusprechen. 

Als ich dann doch endlich eine Freundin fand, war diese ein ganzes Stück schockiert, als sie mich von meiner wahren Seite her kennenlernte. Die Beziehung ging ziemlich schnell wieder in die Brüche – Fassaden halten eben nicht lange, sie haben kein Fundament. Wem habe ich geschadet? Nur mir selbst.

Hinter unseren Fassaden verstecken wir alles, was wir meinen, dass es dem Bild widerspricht, das wir gerne wollen, dass andere es sehen. Ich möchte der „smarte Sonnyboy“ sein, der überall beliebt ist. Da stört so etwas wie innere Unsicherheit. Diese Fassaden gibt es in jeglicher menschlicher Farbe, aber eben auch bei frommen Menschen. 

Vor anderen wollen wir gerne als die Supermänner und Superfrauen im Glauben dastehen. Bloß keine Schwäche zeigen. Diese Fassade gibt es sehr oft in christlichen Kreisen. „Wie geht es dir?“ „Oh, mir geht es so gut. Jesu trägt mich durch alle Tiefen und Probleme hindurch. Ich hangle mich von Sieg zu Sieg, ohne den Boden zu berühren!“ Und zu Hause kommen diese Menschen dann als leeres Gefäß an, dass sich danach sehnt, mit Liebe und Hoffnung gefüllt zu werden. 

Brauche ich eine Fassade?

Es gibt aber auch genau die gegenteilige Fassade, nämlich, dass Menschen auch außen hin immer leiden, immer signalisieren, fast am Ende zu sein. Dann kümmern sich die anderen wenigstens um einen. Gott kann Fassaden nicht leiden, weder die der Schriftgelehrten, noch meine damals als junger Mann, noch deine, wenn du eine aufgebaut hast.

Fassaden verhindern, dass wir Menschen uns wirklich kennenlernen, weil wir unser Innerstes versuchen zu verstecken. Fassaden verhindern auch, dass ich mich von Gott verändern lasse, weil ich mich an ein Leben dahinter gewöhne und zum Teil dann selber daran glaube, was ich versuche darzustellen. Die Pharisäer damals waren absolut davon überzeugt, die einzig wahren Gläubigen zu sein (davon gibt es heute auch mehr als genug).

Das größte Kompliment, das ein Mensch hören kann, ist, denke ich, wenn andere sagen: Dieser Mensch lebt sehr authentisch. Es ist hart und alles andere als einfach wirklich ich selbst zu sein. Aber Gott schert sich nicht um Fassaden, wie Ruhm, Macht, Geld, Ansehen und weltlicher Erfolg. 

Lebe ohne Fassade

Wenn ich ehrlich werde, die Fassade fallen lasse, wirklich ich selbst bin, mit allen guten Seiten an mir (die hat jeder zweifelsohne) und allen schlechten Seiten (die hat auch jeder), nur dann werde ich erleben, wie Gott in meinem Leben wirkt. Fassaden fallen zu lassen mag erst einmal ein beunruhigender Gedanken sein, weil ich mich in meinem Leben hinter ihnen sicher fühle, aber ich werde nur ohne Fassade erleben, wie Gott meine Unsicherheiten zu Sicherheiten macht, meine Schwächen zu Stärken, wie er meine Verletzungen heilt, wie er mich freisetzt – sodass ich an einen Punkt komme, wo ich keine Fassaden mehr brauche. 

Du kannst ein Leben leben, das geprägt ist von Gottes Liebe und Gnade und nicht von mühsam aufgerichteten Fassaden, bei denen immer die Gefahr besteht, dass doch jemand mal dahinter schaut. Gott interessiert sich für dein Herz und nicht für den äußeren Schein. Aber dazu musst du beginnen, Mauern einzureißen, damit Gott in dein Herz einziehen kann. Möge heute ein Tag sein, an dem die Freiheit in dein Herz einzieht, weil Gottes Gnade und Liebe dein Herz erfüllt.

Disneyland oder Freiheit – du hast die Wahl!

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de