Ein Boot fährt auf dem See zur Insel

Alleingelassen

Kennst du das auch, dass du denkst, jetzt bräuchtest du Gott am meisten, aber du hast das Gefühl, er hätte sich von dir abgewandt? Dann willkommen im Club. Die Freunde von Jesus waren bei einer Begebenheit nicht nur völlig aufgewühlt, der Meister ließ sie dann auch noch allein mit ihren Emotionen. Was war geschehen?

Menschenmassen waren Jesus gefolgt. Jesus predigte, heilte, war für jeden da. Die Zeit rannte so im Flug – und die Freunde von Jesus machten sich so ihre Gedanken. Ein Gedanke war sicherlich: Jetzt war eine gute Zeit, gegen die Unterdrückung aufzustehen. Mindestens 5000 Menschen waren vor Ort. Die Revolution konnte beginnen. 

Aber Jesus wollte keine Revolution. Sein Königreich – so machte er es immer wieder deutlich – war keines, das mit Kampf und Waffen errichtet werden sollte. 

Versorgung

Ein weiterer Gedanke war: Was machen wir mit den ganzen Menschen? Die bekommen alle bald Hunger. Und so viele Menschen zu versorgen, würde ihre finanziellen Möglichkeiten überfordern. Philipps warf also ein: „Wir müssten über 200 Silberstücke ausgeben, wenn wir für jeden auch nur ein wenig Brot kaufen wollten“ (Johannes 6, 7 HfA). Zum Vergleich: Judas sollte seinen Herrn später für gerade einmal 30 Silberstücke verraten. 

Also drängten die Freunde Jesus, die Menschen in die umliegenden Dörfer oder nach Hause zu schicken, damit sie sich selbst versorgen konnten: „Jesus antwortete ihnen: »Gebt ihr ihnen zu essen!«“ (Lukas 9, 13 HfA). 5000 Männer, dazu Frauen und Kinder werden von fünf Broten und zwei Fischen satt.

Wie muss es den Freunden von Jesus da gefühlsmäßig gegangen sein? Die Revolution hatte nicht stattgefunden. Der gute, menschliche Rat von ihnen wurde von Jesus in den Wind geschlagen, ja sie wurden regelrecht bloßgestellt. Und dann dieses weitere Wunder, das Jesus vor ihren Augen getan hatte.

Hat sich Jesus abgewandt?

Warum hatte er das alles so getan, wie er es getan hat? Sie verstanden ihren Herrn nicht mehr, und sie verstanden die Welt nicht mehr. Viele Fragen müssen sich in den Köpfen der Freunde getürmt haben, über die man hätte reden müssen. Aber dann geschieht etwas Merkwürdiges: Jesus schickt seine Freunde fort. 

„Gleich darauf drängte Jesus seine Jünger, in ihr Boot zu steigen und an das andere Ufer des Sees vorauszufahren. Er selbst blieb zurück, denn er wollte erst noch die Leute verabschieden“ (Matthäus 14, 22). Gerade jetzt, wo sie ihren Herrn wirklich brauchten, wendet er sich von ihnen ab. Gerade jetzt, wo sie so viele Fragen hatten, war er nicht für sie da. 

Er schickt sie weg, damit sie „vorausfahren“. Wenn ich damals ein Freund von Jesus gewesen wäre, ich wäre nicht nur verwirrt gewesen, sondern auch mega frustriert. Und solche Zeiten gibt es ja bis heute, dass man Fragen hat, aber anscheinend keine Antworten bekommt, dass man Dinge nicht versteht, aber das Gefühl hat, Jesus hätte sich abgewandt. 

Eingeschränkte Perspektive

In solchen Situationen fehlt uns der Weitblick. Wir sind gefangen im Hier und Jetzt und haben eine sehr eingeschränkte Perspektive. Das führt natürlich zum Leiden, denn wie sollten wir auch sehen, dass Jesus einen Plan hat?

Die Freunde schickt Jesus ja nicht wirklich weg, sondern, er „drängt sie … vorauszufahren“. Das bedeutet, dass er noch etwas vorhat, dass er sie nicht allein lässt, auch, wenn sie es in dieser Situation nicht sehen, noch begreifen können. 

Wir haben heute die Bibel, in der wir solche Geschichten lesen können. Wir können sehen, dass Jesus seine Freunde damals nicht im Stich gelassen hat, und dass er es heute bei uns auch nicht tut. Wir können sehen, dass schon damals die Menschen manchmal Geduld brauchten – vielleicht hilft uns das auch in Situationen, in denen wir das Gefühl haben, Jesus hätte uns den Rücken zugewandt. 

Denn er ist derselbe, wie gestern.

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleitenhttps://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de