Für andere beten!
Wie oft nehme ich mir vor, für andere zu beten? Ich sehe bei Facebook einen Eintrag, dass jemand in Not ist, Kummer hat, mit einem schweren Schicksal kämpft und schreibe als Kommentar darunter: „Ich bete für dich!“ Aber nur einen Moment später ist der Alltag wieder da und die Not und meine Zusage sind vergessen.
Wie oft geht es mir so, dass das Leben anstrengend ist, dass ich das Gefühl habe, die Last auf der Schulter wird zu schwer? Und dann erinnere ich mich an das, was Jesus gesagt hat: „Das Joch, das ich euch auflege, ist leicht, und was ich von euch verlange, ist nicht schwer zu erfüllen“ (Matthäus 11, 30 HfA) – und ich denke mir: Ich muss dringend mit Jesus darüber sprechen, denn meine Last ist gerade viel zu schwer.
Und dann komme ich nach Hause, nach einem harten Tag oder mit einer schlimmen Prognose, einem schweren Rucksack voller Sorgen oder untragbarer Trauer und bin so erschöpft, dass ich nur noch ins Bett gehe, um in einen unruhigen, kaum erholsamen Schlaf zu fallen.
Eigentlich weiß ich: Helfen würde mir jetzt die Gemeinschaft mit Gott, dass ich ihm mein Leid klage, meine Sorge abgebe, meine Angst stillen und mir Kraft schenken lasse. Aber der Alltag ist so groß, die Belastungen sind so schwer, dass für das Gebet oft wenig Zeit bleibt.
Steuerrad nicht Ersatzrad
Ja, es gibt Zeiten, da verkommt das Gespräch mit Gott zu einer Nebensache. Corrie ten Boom hat einmal gesagt: „Das Gebet sollte unser Steuerrad und nicht unser Ersatzrad sein.“ Wie Recht diese Frau doch hat, die so viele Lasten überstanden hat, wie ich sie wohl kaum schultern könnte.
Viele Jahre ihres Lebens verbrachte sie im Konzentrationslager. Sie verlor ihre gesamte Familie und wurde dennoch nicht gebrochen. Ganz im Gegenteil. Nach dem Ende der Naziherrschaft zog sie durch Europa und predigte Versöhnung. Sie vergab sogar denen, die ihr dieses unsägliche Leid angetan hatten.
Ihr Geheimnis? Sie hatte von klein auf gelernt, dass es keinen besseren Zufluchtsort gab als bei Jesus. Sie hatte gelernt, was es bedeutet, Gemeinschaft mit ihm zu haben. Für ten Boom war das Gebet keine Pflichtübung, es war ihr Anker, ihre Kraftquelle – es war eben ihr Steuerrad und nicht ihr Ersatzrad.
Corrie ten Boom hatte von Jesus gelernt, wurde ihm immer ähnlicher. Nachdem Jesus vom Tod seines Freundes und Verwandten Johannes gehört hatte und danach durch die Wiederkehr der Jünger und deren glorreiche Erzählungen in ein Wechselbad der Gefühle zwischen Trauer und Euphorie verfallen sein musste, wollte er eigentlich ausruhen.
Reden mit dem Vater
Das war der Grund, weswegen er mit seinen Freunden mit dem Boot über den See fuhr. Dort erwarteten ihn aber Scharen von Menschen, denen er half, die er heilte und die er schließlich mit einem Wunder auch speiste. Dann schickte er seine Freunde über den See voraus, weil er Zeit brauchte, um mit seinem Vater im Himmel zu sprechen. „Dann ging er auf einen Berg, um ungestört beten zu können. Bei Einbruch der Nacht war er immer noch dort, ganz allein“ (Matthäus 14, 23 HfA).
Gebet hieß für Jesus nicht: „Komm Herr, sei unser Gast und segne, was du uns bescheret hast“ (obwohl Gott sich natürlich auch darüber freut) – Gebet bedeutete für Jesus Gemeinschaft mit Gott. Das brauchte Zeit – und die nahm er sich, trotz allen Trubels, trotz aller Ereignisse, trotz aller Erwartungen an ihn.
Es wird Zeit, die Fahrt des Lebens einmal zu stoppen und Ersatzrad und Steuerrad wieder auszutauschen und an die Stelle zu packen, wo sie hingehören.
Sei gesegnet!
Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com
Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de