viele Menschen

Zurückziehen

Kennst du das auch? Es gibt Tage, da passieren so viele Dinge, dass du an einen Punkt kommst, wo du einfach nur alleine sein willst, einfach nur deine Ruhe haben möchtest. Und wenn du die Chance hast, dich zurückzuziehen, dann wirst du genau das tun. Du brauchst Zeit für dich, um wieder durchatmen zu können, Kraft zu tanken, einen klaren Gedanken zu fassen. Aber meist kommt es dann anders, als du es dir erhofft hast.

Jesus hatte auch solche Tage. Einer dieser Tage wird erstaunlicherweise in allen vier Evangelien beschrieben: Jesus ist in einem Wechselbad der Gefühle. Er hört, dass sein Freund und Verwandter Johannes der Täufer von Herodes umgebracht wurde. Tiefe Trauer legt sich auf sein Herz.

Nur einen Moment später kommen die Freunde von Jesus zurück, die er gesandt hatte, in den umliegenden Dörfern vom Reich Gottes zu erzählen. Und die hatten wirklich viel zu berichten. Kranke wurden geheilt, Menschen wurden frei, viele hörten den Jüngern zu. Was für eine Freude. 

Und dann kamen sie wieder, die Menschen, die Jesus sehen wollten. Er hatte weder Zeit über den Verlust von Johannes zu trauern, noch sich über die Taten der Jünger zu freuen. Plötzlich herrschte ein so reges Treiben, dass Jesus mehr, als alle Hände voll zu tun hatte. 

Langsam wurde es zu viel. „»Kommt mit«, forderte Jesus sie auf, »wir gehen jetzt an einen einsamen Ort, wo wir für uns sind. Dort könnt ihr euch ein wenig ausruhen.« Es war nämlich ein ständiges Kommen und Gehen, sodass sie nicht einmal Zeit zum Essen fanden“ (Markus 6, 31 HfA). 

Jesus war ganz Mensch, mit allen Gefühlen, die du und ich auch haben. Auch er brauchte Ruhe. So suchte er ein wenig davon: „Deshalb fuhren sie mit dem Boot in eine entlegene Gegend, um allein zu sein“ (Vers 32). Es ist leicht nachzuvollziehen, dass sich Jesus diese Auszeit gönnte. 

Aber die Menschen beobachteten ihn und so heißt es nur einen Vers später: „Aus allen Dörfern liefen sie dorthin und kamen sogar noch vor Jesus und seinen Jüngern am Seeufer an“ (Vers 33).  

Wechselbad der Gefühle

Wie würdest du in so einer Situation reagieren? Du sehnst dich nach Ruhe, aber von allen Seiten wird an dir herumgezerrt. Du willst alleine sein, aber ständig kommt jemand, der etwas von dir will.

 Ich würde die Menschen wegschicken, wäre enttäuscht, weil sie nicht sehen, dass ich mich auch mal ausruhen muss, dass ich Zeit für mich brauche, dass ich meine Gefühle sortieren will. Ich würde sagen: „Heute nicht mehr! Kommt wieder, wenn ich mich erholt habe. Ich melde mich bei euch!“

Jesus aber reagiert anders: „Als Jesus aus dem Boot stieg und die vielen Menschen sah, hatte er Mitleid mit ihnen; sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Deshalb nahm er sich viel Zeit, ihnen Gottes Botschaft zu erklären“ (Vers 34).

Bedeutet das nicht, dass Jesus auf dem besten Weg zum Burnout ist? Wäre es nicht vernünftiger gewesen, einen Gang herunterzuschalten? Nein, das heißt es nicht. 

Was hier fast lapidar formuliert wird – „Jesus hatte Mitleid mit ihnen“ – zeigt, wie tief seine Liebe zu uns ist. Ich kann noch so müde und abgeschlagen sein, hin und her geschüttelt in einem Wechselbad der Gefühle. Wenn ich sehe, dass meine Kinder in einer Notlage sind, psychisch oder physisch, würde ich als Vater alles stehen und liegen lassen, um für sie da zu sein. 

Ich würde Kräfte entwickeln, die nur Eltern entwickeln können und würde bis zum letzten Atemzug für sie kämpfen – aus Liebe, weil es mir das Herz zerreißt, wenn ich sehe, dass meine Kinder leiden. Und genau das war der Antrieb für Jesus. 

Aus Liebe

Die Menschen waren ihm wichtiger, als alles andere, weil er sie liebte. Und genauso liebt er uns Menschen bis heute. Jesus hat keine Sprechzeiten, keine Warteschlangen und keine begrenzten Ressourcen. Er hat immer Zeit, immer Kraft und immer Liebe für uns, wann immer wir zu ihm kommen. 

Denn ohne Jesus sind auch wir wie Schafe die keinen Hirten haben. Und wir erleben, dass er der gute Hirte ist, wenn wir – um bei der Geschichte zu bleiben – um den See herumlaufen, um bei ihm zu sein.

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleitenhttps://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de