Hand im Licht

Wunderschöne Stimme

Sie steht auf der Bühne und singt. Die Augen geschlossen, lobt sie Gott mit ihrer wunderschönen Stimme. Das ist erst einmal nichts Ungewöhnliches bei uns im Gottesdienst. Auch, dass sie einen leichten Akzent hat, ist in Berlin nicht ungewöhnlich. Was mir aber Tränen in die Augen treibt, ist, dass diese Frau noch nicht mal ein Jahr in Berlin ist.
 
Sie kommt aus der Ukraine, hat ihre Heimat – wie viele bei uns in der Gemeinde – verlassen müssen. Ich weiß wenig über sie, aber ich bin mir sehr unsicher, ob ich an ihrer Stelle diese Kraft hätte. Sie musste ihr ganzes Leben hinter sich lassen, viele der ukrainischen Familien bei uns sind mit Kindern, aber ohne Ehemann gekommen.

Und nun singt sie voller Überzeugung Lieder des Glaubens und Vertrauens.

Ukrainische Geschwister

Können unsere ukrainischen Geschwister je wieder in ihre Heimat zurück? Was werden sie dort vorfinden? Wird der Ehepartner, die Eltern, werden die Verwandten und Freunde überleben? Und wie wird – sollte der Krieg wirklich irgendwann vorbei sein – ein Leben danach aussehen?
 
Mich würden diese Gedanken zermürben. Und ich bin mir sicher, so gelöst wie heute, wird die junge Frau nicht immer durch ihren Alltag gehen. Heute aber hatte mit unseren Kindern eine Lobpreis-Performance vorreitet, die sie selbst bewegt hat. Heute ist sie tief in der Anbetung, nachdem die Kinder zurück in ihren Raum sind.
 
Heute singt sie aus ganzem Herzen: „Even when I don’t see it, You’re working. Even when I don’t feel it, You’re working. You never stop, You never stop working.“ (Auch wenn ich es nicht sehe, Du bist am Werk. Auch wenn ich es nicht spüre, Du bist am Werk. Du hörst nie auf, Du hörst nie auf zu arbeiten.)
 

Wahrer Glaube, tiefes Vertrauen

Ich habe den Eindruck, dass diese Frau meint, was sie singt und ertappe mich dabei, dass es mir nicht immer so geht. Ich singe Lieder des Glaubens und Vertrauens und halte mir oft eine kleine Hintertür offen, vertraue immer wieder meinem „Urteilsvermögen“ mehr, als Gott.
 
Es mag daran liegen, dass unsere ukrainischen Geschwister in der Gemeinde kaum Alternativen haben, um nicht zu verzweifeln, um in der Lage zu sein, nach vorne zu schauen. Und ich bin mir sicher, dass viele auch extrem traurige Tage haben.
 
Aber mein Herz sagt: „Das ist wahrer Glaube. Das ist tiefes Vertrauen in Gott!“ Und ich sehne mich danach, dass mein Glaube und mein Vertrauen auch wachsen, dass ich auch – ohne Leid und Vertreibung – so sehr mein Leben auf das Fundament des Glaubens setze.
 

Was ist der Glaube

Paulus schreibt an die Hebräer: „Was ist nun also der Glaube? Er ist das Vertrauen darauf, dass das, was wir hoffen, sich erfüllen wird, und die Überzeugung, dass das, was man nicht sieht, existiert.“ Die ukrainischen Geschwister, die ich in der Gemeinde kenne, die tun das – und sind damit ein Vorbild für mich.
 
Gestern war ein bewegender Tag, und ich nehme zwei Dinge mit in den Alltag. Ich will mehr beten für diese Menschen, dass Gott sie in unserem Land, das der Ukraine vor 80 Jahren furchtbares Leid angetan hat, segnet, dass er sie tröstet, trägt, ihnen Licht schenkt, Liebe und Freude. Das kann in Anbetracht ihrer Situation nur Gott.
 

Vertrauen

Ich bete, dass mein Glaube stärker wird, dass mein Vertrauen tiefer und meine Rebellion gegen Gott kleiner wird. Gott auch so zu vertrauen möchte ich, ganz gleich wie meine äußeren Umstände sind, welche Türen sich schließen oder an welcher Weggabelung ich gerade stehe.
 
Ich will vertrauen, auch, wenn ich gerade nicht sehe, denn das, was der Song ausdrückt, ist absolut wahr. Gott ist der „Way maker, miracle worker, promise keeper, light in the darkness – that is who you are“ (Wegbereiter, Wundertäter, Verheißungsbewahrer, Licht in der Finsternis, das ist es, was du bist).
 
Machst du dich mit auf den Weg?
 
Sei gesegnet!
 
„Ein wirklicher Schritt des Glaubens ist erst dann vollbracht, wenn das zweite Bein nachgezogen ist und ich den Übergang von Kontrolle zu Vertrauen schaffe“ (Jan Dobutowitsch).
 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de