Blüten Lilie und Gänseblümchen

Pfarrer Uwe Holmer

Vergangene Woche ist Pfarrer Uwe Holmer gestorben. Bekannt wurde Holmer, weil er im Zuge der friedlichen Revolution Anfang 1990 dem letzten Staatsratsvorsitzenden der DDR Erich Honecker und seine Frau Margot bei sich aufnahm, nachdem diese ihr Haus in der Waldsiedlung Wandlitz verlassen mussten und nun obdachlos waren.
Holmer war Pfarrer und Leiter der Hoffnungstaler Anstalten Lobetal, eine von fünf Stiftungen der von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Er hatte ein weites Herz für andere Menschen. Aber, dass er den Mann und die Frau aufnehmen sollte, die ihn und alle Christen in der DDR verfolgt und unterdrückt hatten, das hätte er sich im Traum nicht denken können.

Barmherzigkeit

Die Holmers hatten zehn Kinder, von denen Ende Januar 1990 acht schon ausgezogen waren. Also boten sie dem Ehepaar Honecker zwei Räume und ihre eigene Familie zum Leben an – aus Barmherzigkeit, wie Homer sagte.

Das brachte große Konflikte mit sich. Das Haus der Holmers wurde fortan von Journalisten umlagert, innerhalb und außerhalb der Kirche wurde das Pfarrer-Ehepaar angefeindet. Und auch innerhalb der Familie gab es Spannungen, die kaum auszuhalten waren.

Pfarrer Holmer stimmte Jahre nach dem Auszug und Tod der Honeckers zu, dass Jan Josef Liefers einen Film über die Zeit drehen durfte. Dort werden diese Konflikte sehr deutlich – auch die Konflikte, die auftraten, weil überzeugte Atheisten plötzlich am Leben von überzeugten Christen teilnehmen mussten.

Mitleid und Barmherzigkeit

In einer Szene im Film betet Frau Holmer um Liebe und Kraft von Gott, die Honeckers als Menschen anzusehen, wie alle Menschen, die in Lobetal wohnten, und nicht als ehemalige Staatsführer und Unterdrücker. Sie ringt mit Gott um Barmherzigkeit.

Etwas später drängt Honecker Pfarrer Holmer, er wolle für seine Unterkunft bezahlen. Holmer lehnt ab und erklärt, was der Unterschied zwischen Mitleid, das er nicht habe, und Barmherzigkeit sei. Mitleid bedeute, mit-zu-leiden – das würde er nicht tun.

Schenken und annehmen

Barmherzigkeit hieße, Jesus nachzufolgen, der barmherzig allen Menschen gegenüber sei, der alle Menschen annehme, sie beschenke und ihnen ein Leben auf dieser Erde schenke, das die Menschen genießen könnten und in der Ewigkeit enden würde. Diese Barmherzigkeit könne man nicht erkaufen.

Man kann sie nur schenken und annehmen. Uns Christen hat Jesus aufgefordert, barmherzig zu sein, „gütig“, wie manche Übersetzungen das Wort übertragen. In Lukas 6, 36 (HfA) sagt er: „Seid barmherzig, wie euer Vater im Himmel barmherzig ist!“

Ich merke, wie es mir schon oft schwerfällt, „emotional neutral“ zu Menschen zu sein, die mir gegen mein Schienbein treten, die mich ablehnen, mir nicht wohlgesonnen sind. Aber das ist nicht annähernd Barmherzigkeit.

Die Holmers haben zehn Wochen lang aus ihrer christlichen Überzeugung heraus eine unverdiente Liebe gegeben, die sie als Menschen an ihre Grenzen brachten – und das „nur“, weil Jesus es ihnen vorgelebt hat.

Die Folge war, dass sie im Glauben mega gewachsen sind, dass sie Gottes Stärke und Führung in dieser Zeit erleben durften und Segen erlebten, den sie wohl sonst eher nicht erlebt hatten.

Entscheidung

Barmherzig zu sein beginnt mit einer Entscheidung: „Ich will barmherzig sein, weil Gott barmherzig war!“ Es liegt an dir und an mir, ob wir dem Ruf von Jesus folgen oder nicht. Wir werden wahrscheinlich eher nicht so an die Grenzen gebracht werden, wie Familie Holmer.

Aber Gott wird uns ebenso nutzen, einen Unterschied zu machen in der Welt, Menschen zu segnen (immerhin werden bis heute Menschen durch die Holmers gesegnet, nicht nur damals die Honeckers in der konkreten Situation). Entscheide dich für den Jesus-Weg und fange an, Barmherzigkeit zu leben,

Sei gesegnet!

„Mit der Ausrüstung, die wir haben als Christen, konnten wir die DDR gut bestehen. Wer nur auf irdischen Besitz aus war, der war natürlich arm dran. Aber wer inneren Besitz hatte und wer wusste: Das Eigentliche ist die Liebe und nicht der äußere Gewinn – der will den Anderen glücklich machen“ (Uwe Holmer).

P.S. Der Film „Honecker und der Pastor“ lohnt sich und ist kostenlos in der ZDF-Mediathek abrufbar!

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Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de