Frau voller Freude auf dem Feld mit hochgestreckten Armen

Segensspruch

Vor einiger Zeit durfte ich bei meiner katholischen Kollegin im Unterricht hospitieren. Es gab eine ganze Reihe Dinge, die ich aus dieser Stunde mitnahm, unter anderem, dass sie den Unterricht mit einem gemeinsamen Ritual, einem Segensspruch beendet:

In Abwandlung eines alten irischen Segens sprechen sich die Kinder gegenseitig zu: 

„Die Straße komme dir entgegen, die Sonne scheine warm in dein Gesicht, der Regen falle sanft auf deine Felder, der Wind stärke dir den Rücken, Gott berge dich in seiner Hand, bis wir uns wieder sehen.“

Ich finde das großartig, nicht nur, weil ich sehe, wie sehr Kinder an Ritualen hängen, sondern besonders, weil der Segen uns daran erinnert, dass wir Gottes Segen in unserem Leben brauchen. Ein Segen ist mehrals nur ein Spruch, er unterstellt uns der Fürsorge Gottes. 

Köpfe hängen

Die Erdbeeren auf meinem Balkon lassen sehr schnell ihre Köpfe hängen, wenn ich mich nicht genügend um sie kümmere. Sie trocknen so schnell aus, dass ich sie an schönen Sommertagen zweimal täglich gießen muss. 

Man erkennt genau an ihren Früchten, ob ich mich viel oder wenig um sie gekümmert habe. Wie oft kam ich schon nach Hause und sah Blätter und Blüten schlaff herunterhängen. Dann aber schnell die Gießkanne gegriffen und Wasser geholt. 

Versorgung

Der gemeinsame Segen am Ende der Stunde wünscht uns genau das – nämlich, dass unser Lebensweg nicht zu anstrengend wird, dass wir alles bekommen, was wir zum Leben brauchen und eben, dass wir versorgt werden – bevor wir austrocknen. 

Die Erdbeeren können nicht selbst zum Wasserhahn gehen, um sich zu holen, was sie brauchen – ich als Mensch schon. Der Prophet Jesaja schreibt: „Sucht den Herrn, solange er sich finden lässt. Ruft zu ihm, solange er nahe ist“ (Jesaja 55, 6 NLB).

Und nur ein paar Verse weiter spricht Gott durch den Propheten: „Regen und Schnee fallen vom Himmel und bewässern die Erde. Sie kehren nicht dorthin zurück, ohne Saat für den Bauern und Brot für die Hungrigen hervorzubringen. So ist es auch mit meinem Wort, das aus meinem Mund kommt. Es wird nicht ohne Frucht zurückkommen, sondern es tut, was ich will und richtet aus, wofür ich es gesandt habe“ (Jesaja 55, 10-11 NLB). 

Wenn wir uns mit einem Segen verabschieden, dann erinnert uns das daran, dass wir auch im Alltag – oder gerade im Alltag – immer wieder Erfrischungen brauchen, denn die Gefahr besteht, dass auch wir austrocknen wie die Erdbeerpflanzen auf meinem Balkon. 

Ausgetrocknet?

Stress, Hektik, ein voller Terminkalender sorgen schnell dafür, dass ich mich um mich und meine Seele kaum schaffe zu kümmern. Und dann passiert es, dass auch ich schlaff mit hängenden Blättern und ausgetrocknet herumsitze und kraft- und saftlos bin. Und als Folge werden auch meine Früchte im Leben eher verkümmert sein.

Den Herrn zu suchen und zu rufen, solange er nahe ist, bedeutet dann nicht, dass Gott sich von mir abwendet, das wird er nicht tun. Es bedeutet eher, das es schnell geht, dass ich  – besonders in sehr stressigen Zeiten – den Kontakt zu ihm verliere. Und das, obwohl ich ihn gerade in diesen Zeiten besonders bräuchte.

Deswegen liebe ich dieses kleine Ritual mit dem Segenswunsch, denn es erinnert mich daran, nicht nur die Erdbeeren auf meinem Balkon zu gießen – damit sie wachsen und gedeihen – sondern mich auch um meine Seele zu kümmern, damit ich nicht austrockne, Gott zu suchen und zu rufen, gerade und besonders in stressigen Zeiten, ihn zu bitten, mich zu erfüllen, zu stärken, auszurüsten, zu trösten, zu leiten, mich in den Arm zu nehmen und noch viel mehr. 

Segen

Möge uns allen heute die Straße entgegenkommen, die Sonne uns warm ins Gesicht scheinen, der Wind uns den Rücken stärken, der Regen uns erfrischen und Gott uns in der Tiefe seiner Hand halten, bis wir uns wiedersehen.

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de