Was ist denn Ihr Glaube?
Ich stehe am Brunch-Buffet eines netten Restaurants. Gerade eben wurde hier ein Kneipen-Gottesdienst aufgezeichnet, bei dem ich predigen durfte und von dort aus in die Weiten des digitalen Universums gestrahlt wurde. Hinter mir steht eine Dame, die mich plötzlich anspricht:
„Was haben Sie hier gemacht?“ Ich erzähle ihr, dass wir einen Gottesdienst gehalten und aufgenommen haben, der per Livestream im weltweiten Netz abrufbar ist. „Gottesdienst in einer Kneipe? Das finde ich ja genial!“, sagt sie noch.
Ich merke, diese Frau nimmt nicht gleich eine Abwehrhaltung ein. Dann sagt sie: „Ich hatte nie etwas mit Kirche oder Glaube zu tun. Was ist das denn, Ihr Glaube?“ Innerlich überschlagen sich in diesem Moment meine Gedanken.
Eine, maximal zwei Minuten
Ich weiß, wenn ich Glück habe, habe ich eine, maximal zwei Minuten Zeit, der Frau an diesem Buffet von meinem Glauben zu erzählen. Was soll ich ihr sagen? Ich bin keiner dieser skurrilen Missionare, die von Haustür zu Haustür laufen und die Menschen eher nerven. Auch keiner, der in einem schicken Anzug auf dem Fahrrad durch die Stadt fährt, um Menschen zu finden, die mir überhaupt zuhören.
Hier steht eine Frau, die gerade die Tür ihres Herzens einen kleinen Spalt aufgemacht hat und wirklich interessiert ist zu hören, woran ich glaube. Aber ich weiß, das Zeitfenster ist mehr als eng.
Glauben
Ich weiß nicht, ob du je auf deinen Glauben angesprochen wurdest. Als ich jung im Glauben war, habe ich versucht, allen und jedem und bei jeder möglichen Gelegenheit von meinem neuen Glauben zu erzählen und habe viele damit verprellt.
Aber seitdem ich Christ bin, gibt es auch immer Begegnungen wie diese mit der Frau am Buffet, Menschen, die mich ansprechen, weil sie irgendwie mitbekommen haben, dass ich Christ bin. Hier passen weder theologische Vorträge noch das Herumwerfen mit Bibelzitaten.
Selbst die sogenannten vier Wahrheiten des Glaubens passen hier nicht (1. Gott liebt uns und hat einen Plan für unser Leben. 2. Die Schuld trennt uns aber von Gott. 3. Dafür ist Jesus auf die Erde gekommen, wurde gekreuzigt und ist auferstanden, damit wir mit Gott versöhnt werden können. 4. Wenn du dieses Geschenk annimmst, dann wirst du zu einem Kind von Gott und kannst ihn als deinen Vater erleben).
In Apostelgeschichte 1, 8 (HfA) steht Ausspruch von Jesus, das mir sehr geholfen hat. Dort heißt es: „Aber ihr werdet den Heiligen Geist empfangen und durch seine Kraft meine Zeugen sein in Jerusalem und ganz Judäa, in Samarien und überall auf der Erde.“
Zeuge
Jesus sagt, dass wir Zeugen sind. Ich war schon einmal als Zeuge nach einem Verkehrsunfall vor Gericht. Dort erzähle ich dem Richter nicht die Grundwahrheiten des Straßenverkehrs. Ich erzähle, was ich gesehen und erlebt habe.
Und wenn ich nicht ins Schlingern kommen möchte, dann bereite ich mich auf meine Aussage vor. Es mag sein, dass es Rückfragen gibt, selbst welche, bei denen ich dann doch unsicher werde, aber das ändert nichts daran, dass ich verkündet habe, was dort geschehen ist.
Genauso sollte es im Glauben auch sein. Die Frage ist nur, habe ich denn mehr als theoretische Grundwahrheiten zu berichten? Wo habe ich eigentlich Gottes Liebe erlebt in meinem Leben, wo seinen Trost, sein Reden, sein Eingreifen?
Ich kann nur Zeuge sein, wenn ich etwas gesehen oder gehört habe. Und vielleicht tut es auch meinem eigenen Glauben gut, wenn ich sensibel durchs Leben gehe und mal schaue, wo mein eigener Glaube konkret wird.
Die Frage ist vielleicht hart, aber: Kannst du Zeuge für Jesus sein? Was würdest du sagen, wenn du nur eine Minute Zeit hättest?
Sei gesegnet!
„Wir sollen Zeugen sein und keine Richter. Wir sollen Diener sein und keine Vorgesetzten. Wir sollen Respekt zeigen und niemanden verachten. Das ist das Leben von Christen“ (Bruder Andrew).
Jürgen Ferrary für GottinBerlin
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