Jesus und Gefolge

Den Finger in die Wunde legen

„Wer von euch noch nie gesündigt hat, soll den ersten Stein auf sie werfen!“ (Johannes 8, 8), so antwortet Jesus den Anklägern einer Frau, die beim Ehebruch erwischt worden war. Die Ankläger wollten Jesus eine Falle stellen, indem sie darauf hinwiesen, dass das Gesetz des Mose ja den Tod der Frau fordern würde. Und was macht Jesus? Er legt den Finger tief in die Wunde der Männer.

Drei Finder auf uns selbst

Vielleicht hätten wir uns versucht, aus der Situation zu winden, vielleicht hätten wir uns erklärt. Aber Jesus richtet den Fokus zurück auf die Männer. Und was tun die? Einer nach dem anderen lässt seine Hand sinken, „und von seinen Worten getroffen, verließ einer nach dem anderen den Platz; die ältesten unter ihnen gingen als Erste“ (Johannes 8, 9 NgÜ).

Jesus erinnert uns daran, dass drei Finger auf uns selbst zeigen, zeigen wir mit einem Finger auf jemanden anderes. Und nun hat Johannes ein kleines Detail mit aufgenommen, dass man gerne überliest. Erst gehen die Ältesten der Ankläger, dann die Jüngeren.

Dreck am Stecken

Ich bin mir sicher, dass solche kleinen Hinweise nicht zufällig den Weg in die Bibel gefunden haben. Warum also erwähnt Johannes dies? Vielleicht, weil er darauf hinweisen möchte, dass die älteren, die, die ein Stück Lebenserfahrung mit sich bringen, zuerst verstehen, was Jesus hier sagt. Sind sie es vielleicht, die als erste erkennen, dass wir alle unsere kleinen Geheimnisse, dass wir alle „Dreck am Stecken“ haben.

Wie viele Menschen kenne ich, die mit ziemlich stolz erhobenem Haupt durchs Leben gehen, weil sie meinen, etwas Besseres zu sein, als die anderen. Und das betrifft Christen wie Nichtchristen. Dabei sagt Gott, Sünde ist Sünde, ganz gleich, wie „groß“ oder wie „klein“ sie ist.

Nicht fehlerlos

Wenn ich mit meinem Sohn spreche, dann nutze ich oft das Bild von einem Luftballon. Ich sage ihm dann: „Es ist doch egal, wie ich den Luftballon zum Platzen bringe, ob mit einer kleinen Nadel, einem Messer oder einem Hammer. Wenn er dann platzt, ist er geplatzt!“

Die Tragik in der Geschichte geht aber noch viel tiefer, denn da stehen Männer vor dem Sohn Gottes, die den Anspruch erheben, alle heiligen Schriften zu kennen und zu verstehen. Da stehen Männer, die sich dadurch auszeichnen, dass sie meinen, besonders fromm zu sein, und sie verstehen nicht, dass ihnen der gegenüber hockt und in den Sand schreibt, der ihnen ihre Schuld vergeben könnte.

Diese Männer erkennen, dass sie nicht fehlerlos sind. Wie wir alle nicht. Aber sie erkennen nicht, dass es Jesus ist, der sie nicht nur darauf aufmerksam machen möchte, sondern, der ihnen alles abnehmen möchte, was sie an Sünde und Schuld auf ihren Schultern tragen. Das ist tragisch.

Und es erinnert mich daran, wie oft ich die gute Botschaft hören und dann aufstehe und gehe, ohne die Chance angenommen zu haben. Selbst, wenn ich zum Beispiel im Gottesdienst die Aufforderung höre: „Geh und mach einen Tausch am Kreuz. Tausche Fehler, die du hast oder Fehler, die du gemacht hast ein gegen Gottes Liebe und Freiheit“, dann nicke ich innerlich und gehe trotzdem nach dem AMEN nach Hause.

Schuld bekennen

Warum fällt es uns (besonders uns Männern) oft so schwer, Schuld zu bekennen und abzugeben? Ist es stolz? Ist es Hochmut? Ist es einfach nur Trägheit? Was wir tun, ist, dass wir einen Sack voll Dingen mit durch den Alltag schleppen, der völlig überflüssig ist.

Und was geschieht, ist, dass wir gerne anfangen, „große“ und „kleine“ Sünden zu unterscheiden. Also Sünden, die wir ganz in Ordnung finden und Sünden (meist bei anderen), die „gar nicht gehen“.

Werfen wir also den ersten Stein, aber nur, wenn wir noch nie gesündigt haben. Nein, viel besser ist: Werfen wir die Sünden weg, und zwar alle. Geben wir sie ab und lassen uns so verändern von Gott. Immerhin sagt die Bibel: „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, dann erweist sich Gott als treu und gerecht: Er wird unsere Sünden vergeben und uns von allem Bösen reinigen“ (1. Johannes 1, 9 NLB).

Sei kein Pharisäer und sei gesegnet!

Jürgen Ferrary für GottinBerlin

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