Swinemünde

Wir fahren seit Jahren zumindest ein paar Tage im Sommer nach Swinemünde auf der polnischen Seite Usedoms. Der Strand dort ist einzigartig, die Menschen sind freundlich und das Essen sehr gut. Wir lieben es, dort zu sein.

Im Laufe der Jahre hat sich die Stadt sehr verändert. Anfangs gab es noch Grenzkontrollen, wobei der Grenzübergang von Ahlbeck für Autos und Co. gesperrt war. Am Strand ragte noch ein Zaun ins Wasser, um den deutschen vom polnischen Teil der Insel zu trennen.

Überall in der Stadt spürte man Mitte der 2000er eine Aufbruchstimmung. An jeder Ecke entstanden kleine Läden und Stände, die von Obst über Touristisches bis hin zu Selbstgemachtem so ziemlich alles anboten, was das Herz begehrt. Auf der Strandpromenade standen Gaukler neben Gaukler – es war einfach herrlich, Urlaub hier zu machen. 

Neues

In den letzten Jahren ist viel passiert. Viele neue, auch große Hotels wurden gebaut, Häuser wurden saniert, die Stadt umgestaltet. Vertrautes verschwand und wurde durch Neues ersetzt. Einschneidend war im letzten Jahr, dass der breite Streifen Wald, der sich zwischen Strandpromenade und Strand erstreckte, zum Teil abgeholzt wurde, um Platz für eine „Naturpromenade“ zu schaffen.

Als ich die riesige Baustelle und die wüste Schneise im Wald sah, wusste ich nicht, ob ich noch einmal Lust hätte, hierherzukommen. Wir sind wieder hier, und ich muss zugeben, dass – bis auf eine Stelle, an der drei Gebäude im Rohbau gerade schon wieder verfallen – alles einfach großartig aussieht.

Vergangenheit

Manchmal kleben wir an unserer Vergangenheit. Die Stadt war viel hässlicher und grauer, als sie heute aussieht, aber ein Stück Vertrautheit ist gegangen. Wenn es um unser Leben geht, dann bleiben wir auch oft in unserer Vergangenheit stecken. Vieles mag schmerzhaft gewesen sein, aber es war vertraut.

Manche Charakter-Marotte mag ich damit begründen, dass ich eben eine „schlimme Kindheit“ hatte, aber immerhin komme ich mit meinen Marotten klar. Meine Vergangenheit prägt mich, macht mich zu dem, der ich heute bin.

Bestimmen

Die gute Nachricht ist aber, dass meine Vergangenheit nicht meine Zukunft bestimmen muss. Jesus hat einmal gesagt:  »Der Geist des Herrn ruht auf mir, weil er mich berufen und bevollmächtigt hat. Er hat mich gesandt, den Armen die frohe Botschaft zu bringen. Ich rufe Freiheit aus für die Gefangenen, den Blinden sage ich, dass sie sehen werden, und den Unterdrückten, dass sie von jeder Gewalt befreit sein sollen« (Lukas 4, 20).

Freisetzen

Was Jesus anbietet, ist mehr, als nur ein bisschen frische Farbe auf die Ruinen meiner Vergangenheit zu streichen. Er ist gekommen, mich freizusetzen, wo ich Bindungen habe, Verletzungen, Süchte. Er schenkt mir „Augenlicht“, wo ich im Leben blind bin. Da, wo meine Vergangenheit mich unterdrückt und einschränkt, will er mich von dieser Gewalt befreien.

Freiheit

Das mag länger dauern, als eine Stadt umzubauen und zu sanieren. Das macht auch viel Arbeit. Aber nicht ich muss sanieren, umbauen, erneuern, abreißen und neu aufbauen – Jesus möchte das tun. Heute ist Usedom nicht mehr durch einen Zaun geteilt. Die Freiheit von einer Seite zur anderen, also von einem Land ins andere laufen zu können, ist superschön.

Wenn wir Freiheit in unserem Leben erleben, wenn wir merken, dass Bindungen zerbrechen Dinge, die uns niederdrücken so nach und nach verschwinden, Erfahrungen, die wir machen mussten, nicht mehr unsere Zukunft bestimmen, dann erleben wir eine Freiheit, die unser Leben reich macht.

Altes hinter mir lassen

Vertrautes mag weichen müssen, manches, an das wir uns gewöhnt haben, muss eingerissen werden – aber Freiheit kann ich nur erleben, wenn ich Altes hinter mir lasse und Neues in meinem Leben zulasse. Das ist wirklich eine frohe Botschaft.

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de