Kinderhand in Vaterhand

Intensive Beziehung

Jesus hatte eine sehr intensive Beziehung zu Gott – er wusste um seine wundersame Zeugung, wusste, dass Gott sein Vater ist. Schon als 12-Jähriger bestätigte er dies. Nachdem Maria und Josef ihn nach dem Passahfest aus den Augen verloren und nach langer Suche endlich im Tempel gefunden hatten, sagt Jesus zu ihnen fast schon empört: »Habt ihr denn nicht gewusst, dass ich im Haus meines Vaters sein muss?« (Lukas 2, 49 HfA).

Immer wieder spricht Jesus Gott öffentlich als seinen Vater an, zum Beispiel nach der Auferweckung des Lazarus: »Vater, ich danke dir, dass du mein Gebet erhört hast!« (Johannes 11, 41 HfA).

Und als er lehrt, wie wir beten sollen, zeigt Jesus mit den Worten, die wir alle kennen, dass auch wir Gott mit Vater ansprechen dürfen: „Vater unser im Himmel…“ (Matthäus 6, 9 LUT).

„Abba“

Im Garten Gethsemane kurz vor seiner Verhaftung nutzt Jesus dann noch einen anderen Begriff, als er mit Gott spricht. Er nennt Gott „Abba“ – das ist die aramäische Ansprache (Jesus sprach ja aramäisch) eines Kindes an seinen Vater – als „Papa“ oder „Papi“ – also nicht nur der Name einer berühmten schwedischen Band aus alten Tagen.

Dass Jesus „Papa“ zu seinem Vater sagt, mag verständlich sein, aber wenn jemand laut betet: „Papa, bitte segne uns doch…“ oder: „Papi, bitte hör doch unser Gebet!“, dann wirkt das auf manche ein Stück befremdlich. Dabei können wir in der Bibel lesen, dass auch wir dieses Vorrecht haben. Paulus schreibt: „Jetzt können wir zu Gott kommen und zu ihm sagen: »Abba, lieber Vater!«“ (Galater 4, 6 HfA).

Vaterunser – Gedicht?

Aber wie soll das funktionieren? Immer wieder erlebe ich, dass Menschen das Vaterunser fast wie ein auswendig gelerntes Gedicht „aufsagen“. Ich will niemandem zu nahe treten und ihm die Ernsthaftigkeit absprechen, aber ich habe manches Mal das Gefühl, dass Liturgien und vorgefertigte Gebete an inhaltlichem Leben verloren haben.

Trotzdem ist es richtig und wahr, dass Gott nicht nur „wie ein Vater“ für uns sein will, sondern „unser Papa“. Und es ist ebenso wahr, dass ich nicht einfach einen Schalter im Kopf umlegen kann, der bewirkt, dass ich zu dem Gott, den ich gestern gar nicht kannte, morgen eine so enge emotionale Beziehung habe, dass ich mich trauen würde, Papa zu sagen. 

Entscheidung

Natürlich beginnt alles mit einer Entscheidung, nämlich: Will ich Gott überhaupt als meinen Vater im Leben haben und nicht als fernen Gott? Wenn ich das möchte und mein Herz für ihn öffne und ihn bitte, in mir zu wirken, dann wird das auch meine Emotionen verändern. Nur einen Satz vor Galater 4, 6 schreibt Paulus: „Weil ihr nun seine Kinder seid, schenkte euch Gott seinen Geist, denselben Geist, den auch der Sohn hat“ (Galater 4, 6 HfA). 

So wenig wir unser Herz „überreden“ können, Gott als Vater, als Papa zu sehen, so sehr kann Gott dies durch seinen Geist selbst bewirken. Aus einem theoretischen Befund (mein Verstand hat begriffen, dass Gott mir anbietet, mein Vater zu werden) wird so eine tiefe Erkenntnis oder Wissen (wie das eines Kindes einer gesunden Familie, das tief in sich trägt, dass der Vater der Papa ist – blenden wir die Pubertät mal im Moment einmal aus).

Ich kann darum beten, dass dies geschieht. Ich kann Gottes Geist bewusst bitten, mich zu erfüllen, mir diese Erkenntnis zu schenken und damit verbunden auch die Emotionen. Ich kann Gott bitten, mir dieses Geschenk zu geben!

Wenn ich das tue, dann kann es sein, dass ich auch irgendwann mal bete: „Papa, du bist großartig…“ und andere mich vielleicht schief anschauen. Aber das irritiert mich dann nicht mehr. 

Willst du auch, dass Gott weniger Theorie und mehr dein Papa wird? Dann werde auch du praktisch und bete darum, dass sein Geist dich erfüllt.

Sei gesegnet! 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de