Küssendes Paar am Wasser

Individualisierung

In den vergangenen Jahren habe ich immer wieder Paare begleitet und beraten, und mein Eindruck war, dass ein großes Problem in unserer Gesellschaft die Individualisierung ist. Bei Paaren ist es besonders zerstörerisch, wenn sich Mann und Frau „selbst verwirklichen“ wollen und das vielleicht noch auf Kosten des anderen. Oft fangen mit dem Wunsch danach die ersten Schritte an, die in gegensätzliche Richtungen gehen.
Die Bibel nutzt ein ganz anderes Bild für Ehe. „Deshalb wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die beiden werden zu einer Einheit„, so heißt es in 1. Mose 2, 24, Matthäus 19, 5, Markus 10, 7 und Epheser 5, 31 (NLB). Kaum ein Vers wird so oft in der Bibel wiederholt.

Einheit

Die Übersetzung „Neues Leben“ nutzt, für uns gut verständlich, das Wort „Einheit“. Noch drastischer steht es im Urtext. Sowohl im Hebräisch des Alten Testamentes, als auch im Griechisch des Neuen Testamentes steht, dass beide „ein Fleisch“ werden sollen, was deutlicher, aber schwerer verständlich für uns ist.

Je enger eine Gemeinschaft ist, je enger Menschen zusammengeschweißt sind, desto mehr Kraft hat sie. Das ist bei einer Fußball-Mannschaft so, bei Freundschaften und erst recht in einer Ehe. Was bedeutet das jetzt, eine Einheit zu werden? Bedeutet das, dass ich mich für die Gemeinschaft auflösen muss, so, wie es der Sozialismus fordert?

Gaben einbringen

Dass ich also die Idee über mich selbst stelle? Das bedeutet die Einheit mitnichten. Fangen wir beim Fußball an, denn das ist das Unverfänglichste. Jeder Spieler hat seinen Platz. Ein Torwart ist kein Stürmer und ein Stürmer ist kein Verteidiger. Jeder bringt sein Können / seine Gaben ein, dort, wo er benötigt wird.

Und das ist wichtig. Bricht die Verteidigung gerade zusammen, dann ziehen sich die Stürmer mit zurück und unterstützen. Und umgekehrt wird wohl niemand vergessen, wie der deutsche Torwart Manuel Neuer mit ins gegnerische Spielfeld rannte, um seine Mannschaft kurz vor dem Abpfiff im Angriff zu unterstützen.

Ich finde das ein großartiges Bild für Einheit. Du kannst eine Mannschaft aus starken Einzelspielern haben, die jedes Spiel verlieren, weil sie nicht zusammenhalten. Du kannst aber auch eine Mannschaft auf schwächeren Spielern haben, die erfolgreich ist, weil sie wirklich eine Einheit sind, füreinander in die Bresche springen, sich für das Team voll einbringen und deswegen unbesiegbar scheinen.

Jostabeere

Ehen, Freundschaften und Teams sind dann stark, wenn sie diese Einheit leben. Bei Hochzeiten nutze ich immer gerne das Bild einer Jostabeere, um diese Einheit zu verdeutlichen. Sie ist eine Kreuzung aus einer Johanes- und einer Stachelbeere. Wenn du sie isst, dann kannst du beide Früchte noch herausschmecken, aber es handelt sich um eine neue Frucht.

Das ist biblische Einheit, das bedeutet es, ein Fleisch zu werden. Das bedeutet aber auch, dass ich bereit bin, mich hinzugeben, mich einzubringen, an manchen Punkten auch mal zurückzustecken und den anderen höher zu achten als sich selbst.

Es bedeutet, dass ich ein Stück meiner Freiheiten aufgebe, ohne mich aufzulösen. Um beim Fußball zu bleiben: Es ist eben etwas anderes, ob ich auf dem Hinterhof alleine kicke oder ob ich Teil eines Teams bin und Erfolg haben möchte.

Und wie so oft beginnt das mit meiner Entscheidung. Will ich Teil des Teams sein? Teil der Mannschaft, Teil der Freundschaft, Teil der Gemeinde, Teil meiner Partnerschaft? Bin ich bereit zu investieren und nicht nur erpicht zu profitieren?

Frage dich diese Frage einmal selbst und finde deine Herzensantwort, denn weder eine Fußball-Mannschaft noch eine Ehe funktionieren einfach nur so von alleine.

Sei gesegnet!

„In notwendigen Dingen: Einheit. In fraglichen Dingen: Freiheit. In allen Dingen: Liebe“ (Augustinus von Hippo).

Jürgen Ferrary für GottinBerlin

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