Große Sorgen

Die Zeiten, in denen wir leben, machen mir Sorgen. Es geht ein tiefer Riss durch unsere Gesellschaft. Gewisse Lager gab es ja schon immer, das gehört zu einer Demokratie, aber heute scheinen oft Gräben zwischen einzelnen Gruppierungen zu sein, bei denen es sehr schwer sein wird, dass sie noch einmal überwunden werden könnten.

Was mir besonders große Sorge macht, ist die Tatsache, dass dieser Riss mitten durch Gemeinden und Familien geht – und, dass der Ton rauer wird. Die einen schimpfen über die anderen und die anderen schimpfen zurück über die ersten. Im Zeitalter des Internets ist das ja auch recht einfach:

Schnell ist ein aussagekräftiges Bild gefunden, darunter wird dann irgendeine „Wahrheit“ postuliert. Und ebenso schnell wird sich dann davon distanziert. Dann kommt es zu Abgrenzungen und oft zu Anfeindungen. 

Lästern was das Zeug hält

Schlimm finde ich im Moment noch nicht einmal nur, dass so vieles im Namen der „Wahrheit“ gesagt und geschrieben wird, sondern dass  es meist nur noch übereinander gesagt und geschrieben wird. Wir haben es in diesen Tagen verlernt, miteinander zu streiten – nein wird nur noch übereinander gestritten und gelästert, was das Zeug hält.

Sichtbares Zeugnis von Jesus

Manche Familie und manche Gemeinde steht kurz davor zerrissen zu werden. „Ertragt einer den andern in Liebe!“, so schreibt Paulus in seinem Brief an die Gemeinde in Ephesus (Epheser 4, 1 in der Lutherübersetzung). Wenn ich schon nicht mit dem anderen sprechen möchte – und dafür mag es (leider) den einen oder anderen Grund geben, dann muss gelten, was uns durch die Bibel klar geboten wird! Die Liebe muss im Vordergrund stehen! 

„An eurer Liebe zueinander wird jeder erkennen, dass ihr meine Jünger seid!“, (Johannes 13, 35) sagt Jesus selbst! Er hat nie geboten: „Liebe deine Geschwister, es sei denn, sie wählen die oder die Partei oder haben die oder die Einstellung zu dem oder dem Thema.“

Ein Leib

Warum ist das Jesus so wichtig? Weil wir, die wir Jesus folgen, eine Familie, „ein Leib“ sind. Paulus schreibt an anderer Stelle: „Denn wir alle sind mit demselben Geist getauft worden und gehören dadurch zu dem einen Leib von Christus, ganz gleich ob wir nun Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie sind; alle sind wir mit demselben Geist erfüllt worden“ (1. Korinther 12, 13). Ob es mir passt oder nicht – auch der, mit dem (oder mit der) ich nicht sprechen will, weil es unterschiedliche Meinungen gibt, ist mein Bruder oder meine Schwester, wenn er (oder sie) auch Jesus folgt. 

Und wenn ich auch hundert Mal meine, ich hätte die Wahrheit gepachtet, so zählt dies alles nichts, wenn ich meinen Bruder – meine Schwester – lieblos behandle, so, wie das heutzutage unzählige Male geschieht. Es gibt einen Spruch, der sagt: „Und willst du nicht mein Bruder sein, so hau ich dir den Schädel ein…“ Das ist mehr als traurig. 
 

Was ist das für eine Ausstrahlungskraft?

Es ist so, als würde mein Arm mein Bein ablehnen und sich abwenden, mein Auge will nichts mehr mit meinem Ohr zu tun haben und so weiter. Was ist die Folge? Ein Mensch, bei dem dies geschieht, ist nicht lebensfähig.  Uns als Christen geht es nicht anderes. Andere Menschen schauen uns eher mitleidig an, als dass wir als „Leib Christi“ irgendeine Ausstrahlungskraft hätten. Was ist das denn für eine „Religion“, in der die Hand unkoordiniert in die eine Richtung und der Fuß unkoordiniert in eine andere geht? Was ist das denn für ein „Gott“, dessen Anhänger aufeinander losgehen und sich anfeinden?

Zank, Streit, Besserwisserei und Ablehnung kennen die Menschen genug aus ihrem Alltag – warum sollten sie sich mit Jesus beschäftigen, wenn die Anhänger so miteinander umgehen?

Verantwortung

Wir sind ein Leib, weil Jesus uns durch seinen Tod und seine Auferstehung zu neuen Menschen gemacht hat,  zu seinen Kindern – egal, ob konservativer Senior oder Jugendlicher mit zerrissenen Hosen, egal ob leise und zurückhaltend oder laut und tanzend, Orgelmusik oder Rock, Anzug oder Sicherheitsnadel im Ohr. Wir sind ein Leib, eine Familie und eben mehr: Wir sind sichtbares Zeugnis von Jesus in dieser Welt. Und das ist eine ganz schöne Verantwortung!
 
Sei gesegnet!
 
P.S. Ich habe lange überlegt, ob ich diese Zeilen so schreiben soll und habe mich dann entschieden, sie mit euch zu teilen. Ich hoffe, dass sie dazu beitragen, dass wir alle in uns gehen und erkennen, wo auch wir Gräben aufgerissen haben oder gerade aufreißen. Mein Gebet ist es, dass wir wieder lernen, Gräben zuzuschütten und aufeinander zuzugehen.
 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de