Große Buchstaben

„WELCOME TO HELL“ – Willkommen in der Hölle – prangt in großen Lettern auf der Rückscheibe eines kleinen Autos, hinter dem wir auf der Autobahn in Richtung polnischer Ostsee fahren. Ob der Fahrer damit auf die berühmten G-20 Proteste von 2018 aufmerksam machen wollte oder ein musikalisches oder religiöses Statement abgeben wollte, kann ich nicht sagen. Aber sie scheinen mir entgegen, die großen Buchstaben, die die ganze Scheibe einnehmen.

Und ich muss nachdenken, warum jemand proklamiert „Willkommen in der Hölle“. Empfindet der Besitzer des Fahrzeuges sein Leben als Hölle oder glaubt er an eine Hölle nach seinem Tod?

In meinem Leben habe ich viele Gespräche für Beerdigungen führen müssen – und diese haben zwangsläufig irgendwann den Glauben berührt. Hinterbliebene entschuldigten sich oft regelrecht bei mir, warum sie dem Glauben den Rücken gekehrt haben.

Glauben an die Hölle?

In vielen Gesprächen wurde mir gesagt, Menschen würden an so etwas wie die Hölle glauben, weniger aber an Gott. Das hat mich immer erstaunt, denn ich frage mich: Wer legt den Standard fest, wann jemand verlorengeht und wann jemand gerettet wird, wenn es keinen Gott gibt? Petrus ruft den Menschen in seiner berühmten Pfingstpredigt zu: „Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden“ (Apostelgeschichte 2, 21).
 

Petrus weiß also darum, dass es so etwas wie eine Rettung und so etwas wie eine Verlorenheit gibt – spätestens, wenn uns der Tod trifft. Der Begriff Hölle kommt übrigens in keiner der deutschen Übersetzungen häufig vor und ist dann auch nur in den Worten „Scheol“ im Hebräischen und der griechischen Variante „Hades“ – was eher „Unterwelt“ heißt. 

Es gibt eine ganze Reihe Bilder, die die Verlorenheit beschreiben, und die sind alles andere als lustig. Jesus selbst warnt an verschiedenen Stellen vor dieser Verlorenheit. Er spricht von „Verurteilung“ und „Feuer der Hölle“ (Matthäus 5, 22-29).

Himmel und Hölle

Kaum einer glaubt an eine Hölle, in der die Menschen unter der Hitze leiden und von einem kleinen Teufelchen gequält werden, aber auch viele Nichtchristen glauben an einen Ort, an den der Mensch nach dem Tod hinkommen kann, der alles andere als angenehm ist. Kinder spielen heute noch das Spiel „Himmel und Hölle“: Himmel, als Symbol für einen paradiesischen Ort, Hölle genau das Gegenteil. Und wenn auf einem Event „I’m on the Highway to Hell“ („Ich bin auf der Autobahn zur Hölle“) der Band AC/DC gespielt wird, grölen viele mit.

Ich frage mich: Wenn Menschen die Vorstellung haben, es gebe so etwas wie einen Himmel, der gut sei und so etwas wie eine Hölle, die eher das Gegenteil davon ist – warum gibt es Menschen, die sich ganz bewusst für das entscheiden, was allgemein Hölle genannt wird? Nicht bei allen ist es Fake.

Glauben wir, es würde schon nicht so schlimm werden, wenn wir uns auf Erden darüber lustig machen? Oder verdrängen wir mit unserem „Humor“ über die Hölle die Tatsache, dass wir auch eines Tages sterben müssen? Vielleicht ist es auch einfacher, durch Lieder, lustige Sprüche und Witze dieses Thema aus dem Leben auszublenden. 

Verlorenheit

Ich glaube daran, dass es so etwas wie Verlorenheit und so etwas wie ein Leben mit Gott gibt, wenn ich sterbe. Ich weiß nicht, wie das aussehen wird und gebe offen zu, dass das auch meine Vorstellungskraft übersteigt. Was ich aber weiß, ist, dass ich auf der „guten Seite der Macht“ sein möchte. Und dass ich lieber ein Schild sehen möchte: „WELCOME TO HEAVEN“ (Willkommen im Himmel) – um bei den plakativen Vorstellungen zu bleiben.
 
Und ich hoffe, wir sehen uns dort. 
 
Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de