Zelten

Damals in meiner Jugend war ich viel mit den Pfadfindern wandern. Als ich kleiner war, hatten wir meist ein Camp, von dem aus wir die Umgebung erkundeten. Abends kehrten wir ins Camp zurück. Die Zelte standen dort die ganze Zeit über, eine kleine Gruppe kümmerte sich über Tag ums Essen, während die anderen Gruppen etwas über Tag unternahmen. Das war alles in allem ganz „komfortabel“. (Ich bin nicht traurig, dass die Zeit des Zeltens und Schlafens im Wald auf dem Boden irgendwann zu Ende war…)

Wandern

Später dann wollten wir es irgendwann machen, „wie die Großen“: Wir wanderten von einem Ort zum Nächsten, suchten uns abends einen Lagerplatz, bauten dort unser Zelt auf, legten eine Feuerstelle an und fingen – müde vom Wandern – an zu kochen. Das hatte den Vorteil, dass wir Gegenden und Länder wirklich erkunden konnten. So, wie beim Wandern kann man sonst nirgends die Natur beobachten. Alles läuft so langsam an einem vorbei, dass man es förmlich aufsaugt. Diese Art des Wanderns war aber aus zwei Gründen weniger „komfortabel“.

Zum einen musste man alles selbst machen. Wir waren meist sechs bis acht Leute in einer Wander-Gruppe, also musste jeder wirklich immer mit anfassen. Allein, jeden Abends das Zelt aufzubauen (was wir irgendwann in Rekordzeit schafften) war nach einem langen Wandertag anstrengend. Dann noch Holz suchen, Wasser holen, kochen …

Das Nötigste

Der andere Grund war aber, dass wir alles, was wir brauchten, auf dem Rücken in unseren Rucksäcken mittragen mussten. Auf vieles konnte man nicht verzichten: Das Zelt bestand aus vier Zeltbahnen, die mussten mit. Daneben Seile, Heringe, Beil und Spaten, Kochtopf, Ess-Geschirr, Sonnenmilch und Mückenspray. Bei den anderen Dingen gab es ganz schnell fast schon einen Wettkampf, mit wie wenig man zwei oder drei Wochen auskommen konnte. Wie viel Wechselwäsche sollte man mitnehmen? Eher weniger und dafür Outdoor-Seife? Und wie groß musste das Handtuch sein? Und, dass es bei Schlafsäcken enorme Unterschiede gibt, was das Gewicht angeht, weiss ich auch seit den Tagen damals.

Eine Unterhose oder ein Paar Socken mehr im Rucksack machen über den Tag verteilt eine Menge Unterschied. Ein paar Gramm mehr oder weniger fallen beim ersten Aufsetzen des Rucksackes kaum auf. Aber, wenn du den den ganzen Tag auf dem Rücken trägst, dann lernst du schnell, dein Kuschelkissen ebenso zu Hause zu lassen, wie andere „unnötige“ Dinge. Ich kann mich noch gut an die Bilder erinnern, wie einige von uns am ersten Abend vor dem Einkaufsladen am Mülleimer standen und so einiges aus ihrem Rucksack aussortierten.

Beim Wandern lernt man schnell, dass überflüssiges Gepäck behindert. Man kommt schlechter voran, der Rücken tut einem weh, die Kraft lässt schneller nach und man kommt eventuell nicht so weit, wie man möchte, wenn der Rucksack zu schwer ist.

Rucksack

Auf unserer Wanderung durchs Leben häufen wir im Laufe der Zeit im Gegensatz zu einer normalen Wanderung immer mehr Dinge an, die wir in „unsere Rucksäcke“ tun: Ich wurde verletzt, mich hat jemand beleidigt, ich wurde ungerecht behandelt, man hat mich angelogen oder betrogen. Alles Dinge, die ich brav in meinen Rucksack stopfe. Der wird – je älter ich werde – immer voller und voller. Zeit zum Ausmisten! Ran an den Mülleimer und dann den Rucksack meines Lebens ausmisten.

Das macht ihn und damit mein Leben leichter. Das ist sicherlich nicht einfach (wie viele Krokodilstränen gab es auf den Wanderungen, wenn jemand etwas weggeworfen hatte, was er dann doch lieber behalten hätten – wir aber schon lange weiter gelaufen waren). Aber es befreit. Jesus sagt seinen Freunden einmal, dass, wenn sie beten wollen, sie damit anfangen sollen, denen zu vergeben, auf die sie einen Groll haben. Er meint genau das: Mach den Rucksack deines Lebens leichter.

Ich wünsche dir, dass du heute bewusst Groll loslassen und wegwerfen kannst, ebenso Verletzungen und andere Dinge, die das Gepäck, dass du auf dem Lauf deines Lebens mit dir schleppst, leichter macht.

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de

Noch ein wunderschönes Lied zum Thema: