Mensch in Ketten gelegt sieht in die Sonne

Lebensfreude

Ich habe mich oft gefragt, warum mir so lange die Lebensfreude fehlte, auch, nachdem ich Christ geworden war. Es war nicht nur ein Gefühl, es war ein tiefes Wissen, dass Gott mir wirklich einen Neuanfang geschenkt hatte, das sich in mir breit machte. Und natürlich wollte ich das nicht verspielen. Ich tat also alles dafür, um Gott mit meinem neuen Leben „zu gefallen“.
Das war nicht nur sehr anstrengend – und oft bin ich an meine Grenzen damit gekommen -, so richtige Freude und Freiheit wollten sich nicht in meinem Leben einstellen.

Vergeben

In die Gemeinde, die ich damals dann fand, ging ich regelmäßig, auch sonntags zum Gottesdienst. Und fast immer, wenn wir beteten, beteten wir auch das Vaterunser – herunter, möchte ich heute fast sagen. Es dauerte lange, bis besonders eine Stelle bei mir sackte – und das war die Frage nach der Vergebung und wurde zu einem Schlüssel für meinen Glauben.

Zwar hatte ich schnell verstanden, dass es wichtig ist, sich von Gott vergeben zu lassen, es ist aber genauso wichtig, dass wir loslassen und anderen vergeben. Es ist Gott so wichtig, dass er uns sehr mahnende Worte mit auf den Weg gibt.

Unseren Schuldnern vergeben!

Eigentlich ist die Luther-Version, des Vaterunsers nicht wirklich gut übersetzt, auch, wenn sie sich am meisten durchgesetzt hat. Genauer am griechischen Urtext ist die Elberfelder Übersetzung. In Matthäus 6, 12 wird Jesus zitiert mit den Worten: „… und vergib uns unsere Schulden, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben haben.“

Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass Gott mir vergibt. Aber möchte ich das wirklich, dass er mir so vergibt, wie ich anderen vergeben habe? Nur einige Verse später wird Jesus konkreter: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, dann wird euer Vater im Himmel euch auch vergeben. Wenn ihr den Menschen aber nicht vergebt, dann wird euer Vater euch eure Verfehlungen auch nicht vergeben“ (Verse 14 – 15 BB).

Eigentlich wollen wir es nicht, dass Gott uns so vergibt, wie wir anderen vergeben. Unsere Vergebung sieht doch meist so aus (wenn wir überhaupt befreit sind zu vergeben): „Ich vergebe dir, aber tu das bloß nicht noch einmal!“

Vaterunser

Wie oft haben wir das Vaterunser gebetet und uns gut dabei gefühlt. Es klingt ja auch so spirituell, so heilig. Es sind ja immerhin die Worte von Jesus. Aber hör dich mal selbst sprechen. Du sagst nichts anderes, als: „Gott, so wie ich anderen vergeben habe (oder auch vergebe), so möchte ich, dass du mir auch vergibst!“

Genau das beten wir immer wieder – manche Woche für Woche.

Und versteh mich bitte nicht falsch. Wenn du jemanden wirklich vergibst, der dir Unrecht angetan hat, dann bedeutet das nicht unbedingt eine Wiederherstellung eurer Beziehung. Es bedeutet aber, dass du dich von den Ketten der Unvergebenheit befreist, denn diese halten dich gefangen und schränken dein Lebensglück ein.

Bewusst entscheiden

Vergebung heißt, dass ich mich bewusst entscheide, diese Ketten abzulegen und freizuwerden. Ketten hindern dich daran, frei zu sein und ein glückliches Leben zu leben. Deswegen ist es Jesus so wichtig, dass wir den Schritt der Vergebung gehen und die Ketten sprengen, die uns gefangen halten.

Ich kann jeden verstehen, der sagt: „Ich kann das nicht. Mir ist so viel Unrecht widerfahren, das geht nicht!“ Genug habe ich in meiner Kindheit durchgemacht, das alles andere als leicht war loszulassen. Überlege dir, was du im Vaterunser betest – und dann überlege, warum Jesus so drastisch ist.

Last nehmen

Es geht ihm nicht darum, Druck auf dich zu legen, sondern dir Last zu nehmen. Wir werden uns das in den nächsten Tagen noch konkreter anschauen. Für heute lade ich dich ein, den ersten Schritt zu gehen und Menschen zu vergeben, bei denen es dir eigentlich gar nicht so schwerfällt, bei denen dich maximal der Stolz zurückhält – oder die Trägheit. Oder irgendein anderer nichtiger Grund.

Nutze heute den Tag, um ein Stück freier durch dein Leben zu gehen, indem du Unvergebenheit loslässt und Vergebung aussprichst. Es wird dir und deiner Seele guttun!

Sei gesegnet!

„Willst du Befriedigung für einen Augenblick? Dann räche dich! Willst du Befriedigung für immer? Dann vergib!“ (Jean Baptiste Henri Lacordaire)

 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de