Erleben wir keine Krisen?
Ich denke, es gibt kaum einen Menschen, der in seinem Leben keine Krisen erlebt, kaum jemanden, der irgendwann nicht das Gefühl hat, mit dem Rücken zur Wand zu stehen, kaum jemanden, der nicht Zeiten erlebt, in denen er nicht weiß, wie es weitergeht. Oft höre ich dann den Satz: „Ich fühle mich, wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt.“
Missliche Lage
Wenn ein Käfer einmal umgefallen ist und auf dem Rücken liegt, dann ist es für ihn sehr schwer, sich wieder umzudrehen. Die meisten toten Käfer findet man auf dem Rücken liegend – was übrigens nicht bedeutet, dass sie gestorben sind, weil sie auf dem Rücken lagen. Aber so hat sich das Bild in unsere Köpfe eingebrannt: Ein Käfer, der auf seinem Rücken liegt, ist in einer so misslichen Lage, dass er den Tod vor Augen hat.
Kraftlos
Es gibt aber zwischen Käfern und (manchen) Menschen einen großen Unterschied. Ich kenne viele Menschen, die in Lebenskrisen, nach Schicksalsschlägen oder in großen Nöten keine Kraft mehr finden, wieder aufzustehen.
Sisyphus-Arbeit
Da hat sich jemand unzählige Male um einen Job beworben und erhält nur Absagen (oder erst gar keine Antworten). Die Suche nach einer neuen Wohnung gleicht einer nicht endenden Odyssee. Dein Leben fühlt sich an, wie Sisyphus-Arbeit. Kaum hast du den Stein den Berg hinaufgerollt, rollt er auf der anderen Seite wieder hinunter. Du hast den einen weiteren Anlauf gemacht, deinem Traum von Familie einen Schritt näherzukommen, bist aber schon wieder mit deiner Beziehung gescheitert. Du kommst von dieser verfluchten Sucht nicht los. Und so weiter.
Aufgeben?
Die Liste der Situationen, in der wir uns fühlen, wie ein Käfer auf dem Rücken, ist lang. Der Weg aus solch einer Krise heraus ist oft so beschwerlich, dass Menschen das Gefühl haben, es nicht zu schaffen und irgendwann aufgeben. Sie sind dann wirklich wie ein Käfer auf dem Rücken, aber eher wie einer, der wirklich schon tot ist.
Sei wie ein Käfer
Es gibt aber einen sehr großen Unterschied: Ein Käfer, der – aus welchen Gründen auch immer – auf den Rücken gedreht auf dem Boden liegt, streckt seine Beine nicht in die Luft und gibt auf, sondern kämpft um sein Leben. Er strampelt, was das Zeug hält. Er strampelt, ganz gleich, wie die Chancen stehen (so ein ausgewachsener Mistkäfer hat einen – im Verhältnis zu den Beinchen – gewaltigen Rückenpanzer, da sieht es erst einmal, alles andere als gut aus, dass er sich in dieser Situation noch mal wenden kann).
Nicht aufgeben!
In der biblischen Geschichte vom „verlorenen Sohn“ steckt dieser auch in einer existentiellen Krise. Nachdem er sich sein Erbe „mit warmer Hand“ hat auszahlen lassen und in die Ferne gegangen war, hat er alles verprasst und sitzt nun ohne Mittel da. Und just in diesem Moment bricht eine Hungersnot über das Land herein. Auch er steht mit dem, Rücken zur Wand oder liegt eben wie ein Käfer auf dem Rücken.
Und er hat Erfolg. Er schafft es, einen Bauern zu überreden, ihm Arbeit zu geben. Sicherlich ist dieser Job nicht so gut, wie in der Chefetage eines großen Betriebes angestellt zu sein. Sicherlich geht es mehr darum, ums Überleben zu kämpfen, als reich zu werden – denn in einer Hungersnot gibt es ja selbst für Schweine kaum etwas zu essen.
Aber der Mann kämpft darum, einen Ausweg aus seiner misslichen Lage zu finden. Es wird nicht sagt, wie viele Bewerbungen er geschrieben und wie viele Absagen er bekommen hat. Es wird aber das Ergebnis aufgezeigt. Er strampelt so lange, bis er wieder auf seinen Beinen steht.
Chancen verpassen
Das imponiert mir, denn oft bin ich in meinem Leben nicht dieser Kämpfer. Oft gebe ich auf, wenn ich keine Vision auf Änderung sehe. Ich verpasse damit Chancen, weil ich sie nicht nutze. Ich resigniere, weil das Gefühl mich beherrscht, ich hätte ja alles versucht, es hat halt nicht funktioniert. Ich verliere Freunde, weil ich Freundschaften aufgebe, und so weiter.
Sei ein Käfer – kämpfe!
Tausche Frust gegen Freude
Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com
Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de