Mann und Frau beten füreinander

Besichtigung von Kirchen

Als ich Kind war und mit dem Glauben absolut nichts am Hut hatte, bin ich nur in Kirchen gegangen, wenn wir irgendwo im Urlaub waren. Ich hatte keine Ahnung, was diese für mich fremden Räume bedeuteten oder wofür der Glaube gut sein sollte. Wenn wir eine sehr alte Kirche besuchten oder die Kirche zum Beispiel Teil einer Burganlage war, dann kam es vor, dass wir an einer Führung teilnahmen. So bekam ich ein wenig mit, was die einzelnen Bereiche in einer alten Kirche alles bedeuteten.

Damals haben mich besonders die Beichtstühle interessiert.  Beichten und versöhnen kannte ich nicht. Ich fand den Gedanken faszinierend, dass man seine Schuld loswerden konnte. Ich habe in meiner Kindheit und Jugend viel Mist gebaut und zu Hause auch oft Strafen dafür bekommen. Da war der Gedanke, man könne seine Schuld loswerden, sehr attraktiv.

Zwei Welten prallen aufeinander

Später dann erzählten mir katholische Christen, dass sie das Beichten immer als sehr belastend ansahen. Regelmäßig mussten sie in den Beichtstuhl, um dem Priester von ihren Verfehlungen zu erzählen. Manch einer beichtete mir dann, dass er sich das eine oder andere dann vorher ausgedacht hatte, nur damit er überhaupt etwas erzählen konnte. 

Zwei Welten prallen aufeinander. Ich wäre so gerne Schuld losgeworden, andere sahen es als Belastung an, zur Beichte gehen zu müssen, weil sie keine Notwendigkeit in ihrem Leben dafür sahen. Jakobus – nach Auffassung vieler Theologen ein Bruder von Jesus – schreibt in seinen Brief: „Bekennt einander also eure Sünden und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet. Denn das Gebet eines Menschen, der nach Gottes Willen lebt, hat große Kraft“ (Jakobus 5, 16 HfA). Lass dich versöhnen!

Sünde bekennen versöhnt immer

Selbst Martin Luther war ein großer Fan der Beichte – zu Beginn seines Wirkens ordnete er das Beichten noch als Sakrament an. Aber erst bei Jakobus wird deutlich, dass ich dafür nicht zu einem Priester gehen muss. „Bekennet einander eure Sünden“ – so heißt es. Warum ist das Bekennen der Sünde so wichtig?

Das, was die Bibel Sünde nennt, ist alles, was mein zwischenmenschliches Miteinander mit anderen (zer)stört: Lug, Betrug, Hass, Egoismus und die Folgen davon. Gott hat ein Interesse daran, dass wir Menschen gut miteinander klarkommen, weil er uns Menschen liebt. Deswegen ist er sehr hart (aber auch sehr gerecht), was solche Dinge angeht und sagt: „Wenn ihr euch für Lug und Betrug (…) entscheidet, dann entscheidet ihr euch gegen mich!“ 

Wenn ich also lüge und betrüge (…), dann trennt mich das nicht nur von anderen Menschen, sondern auch von Gott und dann nennt er es Sünde.

Daneben gibt es natürliche auch die Trennung von Gott, indem ich mich bewusst von ihm abwende, nichts mit ihm in meinem Leben zu tun haben möchte, seinen Willen weder kennen noch umsetzen will. Das trennt mich von Gott, so wie Wasser und Öl sich trennen. Und genau deswegen ist die Beichte – ganz gleich, ob bei einem Geistlichen, bei einem anderen Christen oder alleine – so wichtig.

Lass dich versöhnen!

Jesus ist dafür gestorben, damit Sünden vergeben werden, dass der Bruch zwischen uns Menschen und Gott überwunden werden kann. Mit dem Bekenntnis meiner Schuld, nehme ich diese Brücke, die Jesus am Kreuz geschlagen hat, in Anspruch und kann zurückkommen zu Gott – ganz gleich, ob ich das das erste Mal tue oder schon lange Christ bin. Es gibt keinen anderen Weg, Gott in seinem Leben (als liebenden Vater, Versorger, als Gegenüber) zu erleben. Sünde trennt immer – Sünde bekennen versöhnt immer.

Leider ist das Thema Beichte eines, das bei den meisten von uns viel zu selten aktuell ist – oder eben als Pflichtübung angesehen wird. Wenn ich Gott wenig oder gar nicht im Alltag erlebe – vielleicht ist es dann wieder Zeit dafür aufzuräumen. Lass dich versöhnen!

Nimm dir dafür Zeit – und wenn es jemanden gibt, dem du vertraust, dann such dir auch ein Gegenüber. Oft ist es leichter, dann ehrlich zu sein und Schuld wirklich zu bekennen. Werde kreativ. Du kannst zum Beispiel Mist, der gelaufen ist, auf kleine Zettel schreiben, sie Gott erzählen und dann an ein Kreuz nageln oder sie verbrennen. Du kannst Schuld, die du auf dich geladen hast, auf einen Zettel schreiben, sie vor Gott bringen und dann in einem Aktenvernichter schreddern und vieles mehr.

Wichtig ist, dass du es tust, denn es befreit und macht deinen Blick auf Gott frei.

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de