Als Mädchen war ich begeistert von dem Buch „Wolfsblut“. Darin beschreibt Stefan Zweig, wie sein Protagonist am verglimmenden Feuer sitzend, von Wölfen umringt, seine Hände bis ins Detail betrachtet.

Er ist fasziniert von ihrer Feingliedrigkeit, bewundert ihren Aufbau und das Zusammenspiel von Knochen, Gelenken, Sehnen, Muskeln, Nerven, Blutbahnen, Haut und Haaren. Er bewegt seine Finger und sieht schon die Wölfe, dieses Wunder zerreißen. Dann wäre alles Leben darin ausgelöscht, einschließlich seines eigenen.

Diese Szene berührte mich tief. Zum ersten Mal wurde mir bewusst: „Stimmt – ein geniales Zusammenspiel. Aber: was macht eigentlich, dass es ‚lebt‘?“  Was wäre, wenn ihn jemand, nachdem ihn die Wölfe zerrissen hätten, minutiös, akribisch und bis ins kleinste Detail wieder zusammensetzen und das Blut in seine Adern pumpen würde? Würde er dann wieder lebendig?

Dr. Frankenstein kannte ich damals noch nicht. Aber selbst, wenn: Leben ist mehr, als ein funktionstüchtig zusammengesetzter Baukasten. Etwas lebt und webt in uns und durch uns hindurch, das uns am Leben erhält, das größer und umfassender ist, als es unser Fassungsvermögen je begreifen könnte, weil es darüber hinaus IST.

Logisch, dass wir von dieser Existenz nur begreifen können, was sie uns offenbart. Und das fängt mit der Bereitschaft an, zu fragen. „Wer hat’s erfunden?“

Diana Molnar für GottinBerlin