Folter
Bevor Jesus gekreuzigt wurde, ließ man ihn auspeitschen. 39 Schläge erhielt er mit einer Peitsche, die die Römer Flagrum nannten. Es war mehr als eine Peitsche. Es war ein Folterinstrument. Das Flagrum bestand aus einem soliden Griff, an dem mehrere Lederriemen befestigt waren, die am unteren Ende durch Bleistücke beschwert wurden. Meist wurden weitere Bleistücke, Widerhaken oder Knochenstücke eingewoben, um dem Opfer einen möglichst großen Schmerz zuzufügen.
Meist waren die Opfer bereits nach der Geißelung mehr tot als lebendig – immer wieder kam es in der Geschichte der römischen Herrschaft aber auch vor, dass Menschen schon beim Auspeitschen starben.
Echt gemein
Den Soldaten, die diese Bestrafung durchführten, kann man keinen Vorwurf machen, sie befolgten nur Befehle. Aber was dann mit Jesus geschah, erstaunt.
Noch bevor er gekreuzigt wurde, quälten Soldaten ihn ohne Grund und ohne Anweisung einfach weiter. Im Matthäus-Evangelium wird beschrieben, dass sie Jesus die Kleider auszogen und einen scharlachroten Mantel umhingen.
Aus Dornenzweigen flochten sie eine Krone und setzten sie ihm auf den Kopf, um ihn zu verspotten. Dann nahmen sie einen Stock, den sie ihm kurz vorher in die Hand gedrückt hatten und schlugen ihn damit auf den Kopf. Und schließlich spuckten sie ihn an.
Erniedrigung
Das Auspeitschen und die Kreuzigung waren angeordnet worden. Aber was sollte der Hohn und der Spott? Wem macht es Spaß, einen halbtot geprügelten Mann noch zu quälen und zu bespucken?
Ich denke, die Männer haben sich groß gefühlt, weil sie Jesus kleingemacht haben. Es waren nicht nur die körperlichen Qualen, es war die Erniedrigung, die ihnen Spaß gemacht hat. Und irgendwie zeigten diese Soldaten, was in uns Menschen tief verborgen steckt:
Groß machen
Wir machen uns gerne groß, indem wir andere erniedrigen. Du hast vielleicht noch nie jemanden bespuckt. Aber was ist mit Lästereien? Hast du schon einmal gelästert? Oder mit Verleumdungen? Hast du je deine Faust in Wut erhoben oder die Augen in Arroganz gerollt?
Hast du schon einmal mit deinem Fernlicht in den Rückspiegel eines anderen Fahrzeugs geblinkt? Hast du schon einmal dafür gesorgt, dass sich jemand schlecht fühlt, damit du dich besser fühlst?
Das ist genau das, was die Soldaten mit Jesus gemacht haben. Und das Dramatische daran ist, dass, wenn wir echt gemein zu anderen sind, wir nicht nur die anderen Menschen klein machen und erniedrigen, wir reihen uns ein bei den gewalttätigen, gefühllosen Soldaten.
„Ich versichere euch: Was ihr für einen der Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan!“, sagt Jesus als Schlussfolgerung eines Gleichnisses.
Wir beziehen das gerne darauf, dass wir Jesus Gutes tun, wenn wir den Armen, Schwachen und Kranken helfen. Aber der Satz gilt ebenso, wenn wir nicht die beste Seite unseres Charakters zeigen.
Jemanden verletzen – gemein sein
Mich macht diese Erkenntnis betroffen, denn ich erschrecke mich immer wieder über mich selbst, wenn ich mit anderen mit-lästere, wenn ich üble Gedanken jemanden anderes gegenüber habe oder mit meinem leider ziemlich ausgebildeten Sarkasmus andere verletze.
Es ist eines der Probleme, bei denen wir dringend Veränderung brauchen, denn Hand aufs Herz: Wir Christen sind in diesem Punkt (zumindest im Großen und Ganzen) nicht besser, als andere. Aber wir wissen, wen wir wirklich beleidigen und verletzen, wenn wir gemein sind.
Also sollte dies eine Baustelle sein, die wir nicht so lange bearbeiten, wie einst den neuen Hauptstadtflughafen BER. Halte dich von Lästereien fern und von Verleumdungen. Lass dich nicht reizen, deine Hand zu erheben oder arrogant zu reagieren.
Jesus hat immer wieder auch seine stärksten Gegner geehrt und sie nicht zerstört. Und genauso sollten wir es auch tun!
„Ein Lästermaul ist einer, der in böser Absicht über andere Schlechtes redet; ein Schwätzer dagegen ist einer, der das Gleiche tut, jedoch aus achtloser Lieblosigkeit“ (Robert Cleaver Chapman).
Sei gesegnet!
Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com
Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de