Und die Selbstbefriedigung?

Zum sechsten Gebot gehört auch ein Hinweis zur Masturbation. Denn sie kann ohne weiteres auch zu einer Form des „Ehebruchs im Herzen“ werden. Zunächst machen wir uns klar, dass die meisten Menschen mit Selbstbefriedigung zu tun haben. „Fast alle Jugendlichen masturbieren, und viele Erwachsene tun es von Zeit zu Zeit, ihr Leben lang.“

Dennoch scheint sie moralisch gesehen nicht neutral zu sein. Vor allem ernsthafte Christen kämpfen mit Abwehr, Selbstanklage, leiden an Schuldgefühlen und empfinden ihre Gottesbeziehung belastet, wenn sie von dieser „Notlösung“ Gebrauch machen.

Sie erfahren und empfinden die Masturbation als Unzucht oder Ehebruch – in Gedanken und Gefühlen. Wird sie doch im wahrsten Sinne des Wortes von aus-schweifenden sexuellen Bildern begleitet. Wie ist diese Erfahrung geistlich und moralisch einzuschätzen? Müssen wir hier von Sünde sprechen, einem Verhalten, das gegen den Willen Gottes gerichtet ist?

Was sagt die Bibel zur Masturbation?

Bemerkenswert ist, dass die Bibel die Masturbation bzw. Selbstbefriedigung an keiner Stelle ausdrücklich erwähnt.  Sicher heißt das nicht, dass die Menschen jener Zeit damit nichts zu tun hatten. Die Zurückhaltung der Heiligen Schrift in dieser Sache sollte uns veranlassen, Selbstbefriedigung nicht von vornherein als „die Sünde“ zu verstehen und sie als schuldhaft und verwerflich zu bewerten.

Zwangsläufige Erscheinung

In den Teenagerjahren spielt sie bei ca. 98 Prozent aller jungen Männer und etwa bei 40-50 Prozent aller Mädchen eine bedrängende Rolle. Insofern könnte die Masturbation „innerhalb der Geschlechtsreife eine natürliche, fast zwangsläufige Erscheinung“ sein, um die Sexualität ohne Risiko einer Partnerschaft kennen zu lernen. Jedenfalls helfen in der Regel weder Disziplin noch Gebet, die Masturbation zu verhindern.

Sexuelle Spannung

Die Vorstellung, Gott würde uns von der sexuellen Spannung befreien, die er doch als Schöpfer in unser Leben hineingelegt hat, scheint unrealistisch zu sein. Es ist deshalb hilfreicher, die Selbstbefriedigung – zumindest bei jungen Menschen – als phasenbedingte Erfahrung einzuschätzen, die wir moralisch nicht überfrachten dürfen. Vor allem nicht bei christlichen Teenagern, die ohnehin versuchen, vor Gott verantwortlich zu leben. Sie dürfen nicht in einen unerträglichen „Reinheitsperfektionismus“ geraten, der sie in die moralische Resignation treibt.

Heimlicher Ehebruch?

Was aber ist mit den Verheirateten? Auch sie praktizieren punktuell Selbstbefriedigung. Als Triebregulation in Phasen des Alleinseins, wenn der Geschlechtsverkehr nicht möglich ist. Handelt es sich hier um heimlichen Ehebruch?

Diese Frage ist nicht von der Hand zu weisen. Zumal sich mit der Masturbation eben auch außereheliche Vorstellungen, Bilder und Personen verbinden. Nicht umsonst hatten frühere Geschlechter null Toleranz für diese Sexualpraxis. Zumindest theoretisch. Christliche Kreise haben sie deshalb auch als „schwere Sünde“ gebrandmarkt.

Heutige christliche Therapeuten, Theologen und Seelsorger vertreten diesen Standpunkt nicht mehr. Sie kommen zu dem eher lockeren Schluss, dass sie „an sich weder falsch noch sündhaft [ist]. Generell gesehen ist sie für die meisten Leute eine allgemeine Erfahrung und sollte als normaler Teil des Lebens akzeptiert werden.“ Gleichsam als „die größte Nebensache der Welt“.

Menschliche Triebe

Ist damit das letzte Wort gesagt? Gewiss nicht. Denn alle menschlichen Triebe bedürfen der Kontrolle und Disziplin. Hier macht die Selbstbefriedigung keine Ausnahme. Auch wenn sie in der Pubertät eine zentrale Rolle spielt, darf sie doch nicht einfach als völlig normale, natürliche oder sogar harmlose „sexuelle Spielart“ hingenommen werden.

Ehtische Selbstkontrolle

Denn: Sexualität ist prinzipiell auf das Du hingeordnet. Wir alle – Teenager, Singles und Verheirate – müssen deshalb auch gegensteuern lernen, indem wir der Lust nicht widerstandslos nachgeben. Nein sagen ist ebenso wichtig. Durch diese ethische Selbstkontrolle wird unser Charakter geformt und gefestigt! Wer sexuell keine Bremsen kennt und kennen will, wird auch sonst im Leben undiszipliniert handeln. 

Moralisch als auch psychisch bedenklich ist Masturbation vor allem dann, wenn sie uns beherrscht und zur Sucht wird! In der apokryphen Schrift Sirach lesen wir dazu das bedenkenswerte Urteil: „Ein Mann, der an sich selbst Unzucht treibt, hat keine Ruhe, bis das Feuer ausgebrannt ist“ (23, 23 – LÜ).

Unkontrollierte Selbstbefriedigung

Fraglos ist hier Selbstbefriedigung gemeint. Auch wenn es sich um kein kanonisiertes Bibelwort handelt, ist die Einschätzung dieser Sexualpraxis als undisziplinierte, sich selbst verzehrende Handlung doch wahr und realistisch. Folgende Fehlentwicklungen können durch unkontrollierte Selbstbefriedigung entstehen:

  • Gewöhnung,
  • Körperfixierung,
  • Gewissensdruck,
  • seelische Unsicherheit,
  • Zwanghaftigkeit,
  • Vereinsamung,
  • eheliches Desinteresse,
  • Suchtgefälle,
  • psychische Unreife,
  • Schuld vor Gott.

Gefährdung

Das alles sind Aspekte der Sünde. Sie können die Identität der Person sowie die Gemeinschaft in der Ehe durchaus gefährden. Jesus will, dass wir seine Erlösung als innere Freiheit erfahren. Auch auf der Ebene der Sexualität. Daher sollten wir sensibel auf den Heiligen Geist achten, der uns die Kraft zu einem neuen Leben geschenkt hat.

Zerrüttung

Das Gebot sagt nur: „Du sollst nicht die Ehe brechen!“ Gottes Geist dagegen registriert schon die leisesten Regungen unseres Herzens, die auf sexuelle oder ehebrecherische Abwege führen. Wenn wir auf ihn hören, kann uns der Herr vor geschlechtlicher Zerrüttung jeder Art bewahren.

Echte Befreiung

Nicht zuletzt sollten wir erwarten, dass uns Christus durch seinen Geist auch eine echte Befreiung von süchtigen Handlungen schenken kann – ohne dass damit unser erotisch-sexuelles Glück in der Ehe eingeschränkt werden müsste.

Horst Stricker für GottinBerlin