Ein Mann hält sich am Gitter im Gefängnis fest

Gedenkstätte Hohenschönhausen

Das einzige Mal, dass ich ein Gefängnis von innen gesehen habe, war, als ich die heutigen Gedenkstätte der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Hohenschönhausen besichtigte. Obwohl der Ort heute eine Art Museum ist, legt sich ein beklemmendes Gefühl über einen, wenn man sie betritt. 

Unsere Führung leitete ein ehemaliger Insasse, der, wie Hunderttausende, zu Unrecht hier inhaftiert war und eine unfassbar schreckliche Zeit erlebt hatte mit Psychoterror, Schlafentzug und allerlei körperlichen Misshandlungen.

Die Zellen, in denen die Insassen hausen mussten, waren derart klein, dass ich dachte, ich wäre wahnsinnig geworden, wenn ich dort hätte für Monate leben müssen. Dass der Mann, der uns nicht nur das Gefängnis zeigte, sondern uns dazu auch noch ein Stück seine Lebensgeschichte offenbarte, in der Zeit seiner Inhaftierung nicht gebrochen wurde, grenzte für mich an ein Wunder. Er hatte es geschafft, nicht nur die Mauern des Gebäudes zu verlassen, sondern auch seinem inneres Gefängnis.

Inneres Gefängnis

Denn es gibt Gefängnisse, die nichts mit Stein und vergitterten Fenstern zu tun haben. Sie liegen in uns, in unserer Seele, gebaut aus Verletzungen, Angst, Minderwertigkeitsgefühlen, mangelnder Selbstliebe und so manch anderen negativen Gefühlen. 

Das größte Gefängnis der Menschen ist aber der Stolz, der Stolz, der verhindert, dass man sich helfen lässt  – ganz nach dem Motto des Kinderliedes von Rolf Zuckowski: „Ich schaff das schon, ich schaff‘ das schon Ich schaff‘ das ganz alleine …“

Besonders wir Männer sind anfällig dafür. Glaubst du nicht? Ich würde lügen, wenn ich sagte, ich hätte diesen Stolz nicht. Und meine Frau würde heftige, wenn auch ehrliche Kommentare unter den Blog schreiben. „Schatz, nun frag doch einfach mal nach dem Weg …“, höre ich es neben mir. Aber mein Kopf sagt: „Ich schaff‘ das schon, ich schaff‘ das schon …“

Nach Hilfe fragen

Es fällt besonders uns Männern oft schwer, nach Hilfe zu fragen, zuzugeben, dass wir es eben nicht alleine schaffen, Gefühle zu offenbaren, einzusehen, dass wir Hilfe brauchen. Das bezieht sich auf Alltäglichkeiten (oft sehe ich meiner Frau an, dass sie etwas sagen will, dann rollt sie mit den Augen und fragt dann zum Beispiel lieber selber nach dem Weg …) – es bezieht sich aber ganz genauso auf emotionale und geistliche Dinge. 

Als Petrus der Aufforderung Jesu folgt und das Boot mitten im Sturm verlässt, merkt er, dass Gott auch an ihm ein Wunder tut. Das Wasser trägt. Dann aber holt ihn die „Realität“ ein: „Auf einmal merkte er, wie stark der Wind war. Da bekam er Angst. Er begann zu sinken und schrie: »Herr, rette mich!«“ (Matthäus 14, 30 BB).

Petrus reagiert ganz „unmännlich“ – er bittet Jesus um Hilfe. Petrus überwindet seinen Stolz – und das rettet ihn letztendlich. Wenn du halbwegs so gestrickt bist, wie ich, dann fängt es jetzt an, in dir zu rebellieren. „Ich bin doch aber ganz anders!“, würde ich sagen! „Ich bin doch nicht stolz!“

Das größte Gefängnis ist unser Stolz

Nein? Warum kommen wir dann immer wieder in die Situation, dass wir unser Leben alleine meistern wollen? Wir wollen selbst entscheiden, selbst kämpfen, selbst loslaufen und selbst den Weg zurückfinden, wenn wir uns mal wieder verlaufen haben. Dabei wäre es so einfach zu schreien: „Herr, rette mich!“, bevor wir wieder einmal untergegangen sind. 

Schon der weise Salomo hat festgestellt: „Stolz führt zum Sturz, und Hochmut kommt vor dem Fall!“ (Sprüche 16, 18 HfA).

Ja, ich glaube, das größte Gefängnis von uns Menschen ist der Stolz. Er hindert uns daran, dass Jesus in unserem Leben wirkt, dass er uns heilt, mit seinem Geist erfüllt, uns stark macht, uns ausrüstet uns verändert und ihm – Jesus – ähnlicher macht. 

Um mit einem Lied zu enden: Es ist „Zeit, dass sich was dreht …“, sodass wir unser Gefängnis verlassen, denn nur dann können wir ungebrochen in Freiheit leben.

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de