Leben wegschmeißen
Ich war Anfang zwanzig, als ich Christ wurde. Ziemlich viel war in meinem Leben gerade „den Bach herunter“ gegangen, sodass ich mein Leben eigentlich wegschmeißen wollte. Ein eigentlich verächtliches Gebet rettete mich, das ich am Abend, als ich sterben wollte, sprach: „Jesus, wenn es dich gibt, hier hast du mein Leben, wenn du es haben willst!“
Jesus hat zugegriffen. Nicht nur, dass ich am nächsten Morgen entgegen meiner Pläne doch wieder aufgewacht war, plötzlich hatte ich ihn an meiner Seite – den Jesus, der aus Liebe zu mir für mich am Kreuz gestorben ist, den Jesus, der mir zusagte, ich könne ein neues, ein erfülltes Leben anfangen, den Jesus, der mir versprach, dass die Kraft, die ihn vom Tod auferweckt hatte, die Kraft werden könnte, die in mir lebt und mein Leben radikal verändern würde.
Geschenkannahme
Ich nahm dieses Geschenk an. Ich wollte ein neues, ein anderes Leben. Ich wollte nicht nur bei Null anfangen, sondern auch einen besseren Weg gehen. Aber im Herzen blieb ich weiterhin ein aufmüpfiges, bockiges Kind.
Das fing schon damit an, dass ich mir von Gott nicht in mein Leben hineinreden lassen wollte – heute klingt das in meinen eigenen Ohren verrückt. War ich nicht mit „meinem eigenen Leben“ gescheitert und suchte nach einem neuen, einem besseren? Aber zu tun, was Jesus von mir wollte, das widerstrebte mir dennoch total.
Ein Beispiel dafür war es, dass ich anfangs absolut keine Lust hatte, in den Gottesdienst zu gehen. Die Leute dort waren mir zu spießig, außerdem hatte ich das Gefühl, sie würden mich ständig „anglotzen“. Die Kultur fand ich grausam, die Lieder langweilig und die Sprache fremd. Nein, da wollte ich lieber zu Hause bleiben. Wer braucht schon so etwas, wie Kirche? Glauben kann ich auch allein zu Hause – so dachte ich.
Nein, meine Suppe esse ich nicht!
Aber das ist ein absoluter Trugschluss. Ich bin bis heute kein Fan von frommer Sprache. Auch mag ich bestimmte kulturelle Erscheinungen – wie die Orgel als „allein selig machendes“ Instrument zum Singen – nicht. Und dass ein Besuch im Gottesdienst oft mit einer gewissen Kleiderordnung verbunden ist, stört mich zuweilen auch.
Aber ich habe eines gelernt: Ich werde kein Fußball-Profi, wenn ich nicht in einer Mannschaft mit einem guten Trainer trainiere. Ich werde kein guter Musiker, wenn ich keinen guten Lehrer habe. Und ich werde kaum im Glauben wachsen, wenn ich ein Einzelkämpfer bin. Es mag Menschen geben, die das können – ich kann es nicht.
Vor allem nicht, wenn meine Einstellung so unreif und bockig ist, wie sie damals war. Schaue ich zurück, dann erinnert mich vieles an den „Suppen-Kaspar“, der immer wieder meckerte: „Nein, meine Suppe esse ich nicht!“
Hören der Botschaft
Wenn Paulus schreibt: „Es bleibt dabei: Der Glaube kommt aus dem Hören der Botschaft; und diese gründet sich auf das, was Christus gesagt hat“ (Römer 10, 17 HfA), dann hat er recht! Meine Trägheit hindert mich daran, regelmäßig in der Bibel zu lesen, tief in Texte einzutauchen und meinen Glauben „zu trainieren“. Dazu kommt die Gefahr, dass ich mir schnell „meinen eigenen Glauben“ und „meinen eigenen Gott“ zusammenbaue. Wenn ich die Bibel als Einzelkämpfer überhaupt lese, dann verstehe ich sie so, wie mein bockiges Herz sie hören möchte.
Vielleicht bist du anders gestrickt – aber die meisten Menschen, die ich kenne, sind eher wie ich. Allein kann man schlecht im Glauben wachsen und Jesus ähnlicher werden. Und wenn dir die Kultur, die Sprache oder andere Äußerlichkeiten einer Gemeinde nicht gefallen, dann such dir eine, bei der du dich wohlfühlst und bei der das Wort verständlich und rein gepredigt wird. Aber lass es nicht zum Hindernis dafür werden, dass du stark im Glauben wirst.
Sei gesegnet!
Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com
Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de