Kaufen, was wir nicht brauchen

Wissenschaftler prognostizieren, dass unsere Wirtschaft durch die Corona-Pandemie stark schrumpfen wird. Ein Satz, den ich irgendwann in diesem Zusammenhang gelesen habe, ging mir lange nicht aus dem Kopf – besonders jetzt, wo die Einschränkungen ja kaum für viele Menschen noch zu spüren sind. Jemand schrieb sinngemäß: „Wenn unsere Wirtschaft den Bach heruntergeht, weil wir nur das kaufen, was wir wirklich brauchen, dann zeigt das, wie viel wir kaufen, was wir eigentlich gar nicht brauchen.“
 

Wahrer Kern

Das ist sicherlich stark verkürzt, hat aber, denke ich, einen wahren Kern. Wie viel Kram lagert einsam und verlassen in unseren Regalen, Schränken und Kellern, den wir eigentlich gar nicht brauchen? Und wie viel hängt umgekehrt unser Glück anscheinend von Dingen, Aktionen und Events ab, die wir durch die Pandemie eine Weile lange nicht genießen durften?

Entdeckung

Irgendwie scheinen wir den Konsum und die Bespaßung in unserem Leben zu brauchen. Andererseits gab es gerade in der Zeit, in der Spielplätze, Kinos, Theater und Einkaufstempel geschlossen hatten, viele Menschen, die andere Dinge wieder entdeckt haben – das Fahrradfahren, Wandern, Familienaktivitäten, gemeinsam Kochen, …

Jetzt, wo alles so nach und nach wieder öffnet, stehen wir ein kleines Stück an einem Scheideweg mit der Frage: Was nehmen wir eigentlich aus dem sogenannten Lockdown mit, außer dass viele Kinder von „Corona-Ferien“ sprechen?

Ist das mein Leben?

Ich finde, es ist überhaupt nichts gegen eine schöne Shopping-Tour zu sagen, auch nichts gegen Vergnügen wie Theater oder Kino. Und hoffentlich sind wir irgendwann wieder bei einem Zustand, wo alles wieder ganz ohne Einschränkungen möglich ist – auch die großen Open-Air-Events.

Dennoch bleibt bei mir etwas hängen, nämlich die Frage: Ist das mein Leben? Gehe ich arbeiten, damit ich mir die nächste Jacke kaufen kann oder das nächste Paar Schuhe? Was brauche ich im Leben wirklich und was macht mich wirklich glücklich? Ich rede nicht von der Frage, ob eine Marke vielleicht eine bessere Qualität hat als die andere. Ich rede von Status-Symbolen. Und was die Freizeit angeht, so beobachte ich, dass es immer weiter, schneller, teurer und auch digitaler wird – aber sind wir Menschen deswegen erfüllter? Haben wir deswegen ein glücklicheres Leben?

Spaß verderben

Wenn Paulus schreibt: „Deshalb orientiert euch nicht am Verhalten und an den Gewohnheiten dieser Welt …“ (Römer 12,2), dann will er uns absolut nicht den Spaß an irgendetwas verderben. Es geht ihm vielmehr zum einen um ethisches Verhalten als Christen, andererseits aber auch um die Frage, was uns glücklich macht. Die Antworten werden sicherlich unterschiedlich ausfallen, weil wir Menschen alle unterschiedlich sind. Aber die Frage ist dennoch gut.
 

Ist weniger doch mehr?

Und beides lohnt sich zu hinterfragen: die Ethik wie die Frage nach dem Glück. Ich jedenfalls war gerade gestern wieder mal erstaunt, dass meine Kinder an einem See zufriedener und glücklicher waren, als einen Tag vorher auf einem Abenteuerspielplatz. Sie haben gestern nichts, außer zwei Eislöffeln, ein wenig Sand und Wasser – und hatten einen großartigen Nachmittag. Manchmal ist weniger halt doch mehr.

Sei gesegnet!

 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de