Kugel auf dem Wasser

Meinung aufdrücken

Ich habe den Eindruck, dass es seit einigen Jahren mehr und mehr Menschen – auch Christen – gibt, denen es sehr darum geht, anderen ihre Meinung aufzudrücken. Im Zeitalter des ah so anonymen Internets werden andere nicht nur mit „Argumenten“ überschüttet und mit Bibelstellen überschüttet, es wird geschimpft und verurteilt, gedroht und gezetert.
Besonders aufgefallen ist mir dies, als die Corona-Pandemie ihren Lauf nahm. Schnell wurden Lager gebildet, schnell wurde versucht, jeden auf seine Seite zu ziehen. Man hatte den Eindruck: Entweder jemand gehörte zum Lager der Verharmloser oder derer, die das Ende der Welt gekommen sahen.

Spielball von Wind und Wellen

Ich bin nun schon eine ganze Weile lang Christ und habe schon den einen oder anderen prophezeiten „Weltuntergang“ miterlebt (man verzeihe mir meinen Sarkasmus).  Versprechungen habe ich gehört, die eingetroffen sind oder auch nicht, Wellen, die die Christenheit ergriffen und die wieder abebbten.

Und manchmal war ich froh, dass ich einen recht festen Stand im Glauben habe und kein Spielball von Wind und Wellen bin. Den braucht man auch, weil man sonst schnell zum Spielball wird. Dass das nicht neu ist, erkennt man an den Zeilen, die Paulus schreibt und die sich an die Andachten der letzten Tage anschließen. Paulus schreibt: „Denn wir sollen nicht mehr wie unmündige Kinder sein – ein Spielball von Wind und Wellen im Meer zahlreicher Lehren. Sie sind dem falschen Spiel von Menschen ausgeliefert, die sie betrügen und in die Irre führen“ (Epheser 4, 14).

Eigener Standpunkt

Ein reifer, ein mündiger Christ hat einen eigenen Standpunkt. Er ist nicht, wie ein kleines Kind, das alles glaubt, was die Erwachsenen ihnen erzählt. Er ist auch nicht, wie ein Pubertier, das alles grundsätzlich erst einmal ablehnt, was die Eltern ihm versucht haben, beizubringen.

Ein mündiger Christ ist jemand, der über die Lehre Bescheid weiß und gelernt hat, „feste Speise“ zu verdauen (vgl. Hebräer 5, 11–14) und sie von der Schrift her beurteilen kann. Das klingt herausfordernd, aber spätestens, wenn du einmal in ein Gespräch verwickelt wirst, zum Beispiel mit den netten Menschen, die für ihre Lehre werben, wirst du entweder sehen, wie deine Ansichten erschüttert werden, wenn du keinen festen Stand hast oder eben, wie du ihre Ansichten erschütterst, wenn du biblisch fundiert auf die Argumente reagieren kannst.

Ein reifer Christ ist jemand, der an der Wahrheit festhält und sie in Liebe vertreten kann (Epheser 4, 15). Deswegen – so hat es jemand einmal nett formuliert – kann er bisweilen ein unbequemer Zeitgenosse sein.

Unterschied zwischen falscher und richtiger Lehre

Gerade weil es um Jesus geht, sollten wir nicht auf selbst ernannte Messiasse hereinfallen. Aber er kann unterscheiden zwischen seinem Geschmack (Stil) und falscher oder richtiger Lehre. Reif und erwachsen zu sein bedeutet auch, sich selbst zu kennen und nicht ständig unter Druck setzen zu lassen.

Wenn ich meine Gaben (er)kenne, weiß ich, was zu mir passt und was nicht, wo Gott möchte, dass ich in der Welt wirke und wo nicht. Mein Sohn Joshua hat von sich aus zum Beispiel die Liebe entdeckt, sich um die Krabbelkinder im Gottesdienst zu kümmern – großartig.

Im nächsten Vers (Epheser 4, 16) zeigt Paulus auf: Reife braucht Vielfalt. Jede Art von Monokultur führt nicht zur Reife des Einzelnen. Darum braucht es verschiedene Leute, Gaben und Dienste in der Welt und in der Gemeinde. Pfarrer Wolfgang Vorländer hat einmal vom „polyfonen Klang des Reiches Gottes“ gesprochen, der hörbar sein muss.

Ich bin jetzt seit über 30 Jahre Christ – aber wenn ich das alles sacken lasse, dann sehe ich, dass ich noch einen guten Weg vor mir habe, um wirklich ein reifer, ein mündiger Christ zu sein. Aber ich möchte mich auf den Weg machen, einen Schritt nach dem anderen, möchte mit Gott ringen, mit seinem Wort und im Gebet.

Kommst du mit?

Sei gesegnet!

„Glaube ist: mich zu erinnern: Nicht durch meine Versuche, sondern durch mein Vertrauen bin ich gewachsen“ (Pamela Reeve).

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Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de