Alter Adam

Martin Luthers soll einmal über die Taufe gesagt haben: „Der alte Adam in uns soll ersäuft werden. Nimm dich aber in acht, das Aas kann schwimmen!“

Jaja, der alte Adam… gemeint ist der alte, mein alter Mensch, der mir das Leben schon manches mal schwer gemacht hat. Ich musste in den vergangenen Wochen bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder an dieses Zitat denken, immer, wenn mein alter Adam ans Licht kam:

Wir haben gerade die kleine Marotte. wenn wir abends zusammen essen, lassen wir die passende Musik dazu laufen. Bei griechischem oder karibischem Essen gibt uns das dann einen Hauch von Urlaubsstimmung – asiatisches Essen wird dadurch auch stimmungsvoller (auch, wenn ich zugeben muss, dass ich nicht traurig bin, wenn dann nach dem Essen wieder Musik läuft, die ich mehr mag). Irgendwann sind wir über alte deutsche Lieder gestolpert – und sofort kam der kleine Jürgen, kam meine Jugend zum Vorschein. Ich suchte ein Lied nach dem anderen, das wir damals, als ich Jugendlicher war, bei den Pfadfindern gesungen haben. Wir hatten viel Spaß beim Trällern der alten Lieder. (Ich hoffe, unsere Nachbarn auch…)

Welt entdecken

Und auch bei dem einen oder anderen Spaziergang in den vergangenen Wochen kamen Charakterzüge zum Vorschein, von denen ich dachte, ich hätte sie schon längst hinter mir gelassen. Plötzlich war alles wieder da. Es machte plötzlich wieder unwahrscheinlich viel Spaß, Dinge in der Natur zu entdecken – oder Relikte der Vergangenheit wie alte Bahngleise oder Reste von Gebäuden. Geschichte wurde spannend, als wir an der alten Autobahn und der ehemaligen Kontrollstelle Dreilinden rasteten. Man kann den Ort und die Markierungen auf der Straße noch schemenhaft erkennen oder auch die alte Raststätte. Plötzlich war ich wieder der kleine Junge, der die Welt entdecken wollte.

Ich habe aber auch tolle Zeiten und großartige Abenteuer damals erlebt. Aber nun bin ich doch erwachsen, bin ein Ehemann, ein Vater. Trotzdem lugt ab und an die Jugend wieder hervor und winkt: „Hallo, hier bin ich noch!“ Das ist ja auch nicht verkehrt, zeigt mir aber auch , wie sehr wir mit dem Alten, dem Vergangenen verhaftet sind.

Charakterzüge

Bei guten Dingen und positiven Charakterzügen ist das ja kein Problem. Schwierig wird es, wenn der alte Streithammel wieder mal zu Besuch kommt, der Rechthaber, der Egoist – der alte Adam eben. Und die Grenzen von dem, was an meinem alten Adam gut war und was nicht, verschwimmen sehr leicht, denn gerne glorifiziert man Erinnerungen und sieht das Negative nicht mehr.

Prozess

Wenn Paulus die Menschen in Ephesus ermahnt: „Zieht das neue Leben an, wie ihr neue Kleider anzieht“, dann zeigt das, dass ich nicht einfach Altes, Schlechtes, Egoistisches, Liebloses,… hinter mir lassen kann – und schwups ist alles neu. Ein neuer, ein anderer Mensch zu werden, der Jesus ähnlicher wird, ist ein Prozess.

Coole Socke

Damals bei den Pfadfindern haben wir das mit den frischen Klamotten anziehen nicht so Ernst genommen – deshalb hatten wir auf dem Rückweg von Reisen oft auch ganze Abteile für uns alleine. Die Gefahr besteht bei uns Christen – was den Charakter angeht – aber auch. Oft genug denke ich (vielleicht nicht bewusst, aber ich handle dann leider danach): „Jetzt hast du Gott auf deiner Seite, jetzt bist du ein prima Typ“. Wenn das so wäre, dann gäbe es nicht so viel Streit unter Christen, nicht so viele Machtkämpfe in Gemeinden, nicht so viele christliche Chefs, die ihre Mitarbeiter nicht gut behandeln. Dann würden nicht so viele christliche Ehen kaputt gehen. Ich kann es auch ganz einfach runter brechen. Wenn das so einfach wäre, dann wäre ich wahrscheinlich wirklich eine coole Socke. Bin ich aber nicht. Und ganz schnell fange ich dann auch an zu stinken.

Neues Leben

Es ist wichtig, dass ich nicht vergesse, mich regelmäßig geistlich quasi umzuziehen, mein neues Leben anzuziehen und das alte Leben bewusst ablege. Gegen das Singen von alten Wanderlieder-Kamellen aus meiner Jugend ist absolut nichts zu sagen. Wenn ich aber als Mensch charakterlich, geistlich dort stehen geblieben bin, dann ist das nicht gut.

Auf zu neuen Ufern

Als Christ habe ich eine neue Identität. Ich bin ein neuer Mensch. Aber ich muss mich wieder in acht nehmen, weil mein alter Adam, das Aas, leider schwimmen kann. Also auf zu neuen Ufern mit neuen Klamotten – dann werde ich Jesus ähnlicher.

Sei gesegnet!

https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de