Besuch bei „Die Gemeinde in Berlin“
Wer bei Google die Suchbegriffe „gemeinde“ und „berlin“ eingibt, bekommt als erstes Ergebnis Gemeinde-Berlin.de präsentiert. Nachhaltig setzt sich diese Domain gegen Webseiten des Mülheimer Verbandes und anderer Gemeinden in Berlin durch. Heute besuchten wir diese gut positionierte Gemeinde in Moabit.
Der Weg nach Moabit war gut bekannt. Vorbei an der Bundespressekonferenz, vorbei am Kanzleramt, vorbei am Innenministerium, vorbei am Hauptbahnhof, vorbei am Büro der Internetmission Berlin und dann noch zweimal rechts: Zwinglistraße.
„Katholisch können sie nicht sein“, bemerkte mein Sohn mit Hinweis auf den Straßennamen. Das Häuser-Karree ist dicht bebaut und verfügt über eine interessante Innenhof-Landschaft, zu der auch das zweistöckige Haus der Gemeinde in Berlin gehört. Nummer 32a machten wir anhand eines kleinen Schaukastens aus. Daneben eine breite Gitterpforte – verschlossen. Eine Viertelstunde vor Gottesdienstbeginn war eventuell zu früh. Wir begaben uns auf den Nachbarhof und suchten nach einem alternativen Zugang. Nichts!
Versammlung um den Tisch des Herrn
Wer bei eisiger Kälte nach Moabit fährt, gibt nicht so schnell auf. So gingen wir wieder zum Gittertor. Im gelben Gemeindehaus regte sich etwas. Ein junger Mann hatte uns erspäht und gewährte uns den Einlass auf den Hof und ins Haus. Helle schlichte Räume, sehr funktional eingerichtet. Im Hauptsaal waren jeweils zwei Stuhlreihen um einen Tisch gruppiert, den „Tisch des Herrn“.
Wenig später trafen weitere Besucher ein und begrüßten uns freundlich. Überhaupt eine sehr integrative Atmosphäre bei der „Gemeinde in Berlin“. Fast alle strahlten einen tiefen inneren Frieden aus. Das ist selten in dieser geballten Form anzutreffen.
Bibel dabei und wiedergeboren
„Hier hätten wir wohl unsere Bibeln mitbringen sollen“, flüsterte mein Sohn herüber. Wegen des späteren Abendmahls wurden wir gefragt, ob wir wiedergeborene Christen seien. Das konnten wir positiv beantworten.
Die Versammlung begann mit einer spontanen Lesung aus Psalm 122. Die versammelten 20 Personen stimmten in den Text ein und bestätigten einzelne Passagen durch betonte Wiederholungen und mehrfaches Amen. Wenn Worte hängen blieben, wurden diese noch einmal ausgesprochen. Die Augen glänzten und es war zu merken, dass die Bibelverse regelrecht in den Menschen lebten. Sie inhalierten den Text und atmeten diesen mit Leidenschaft aus.
Zwei Frauen hatten uns Bibeln gereicht, so dass wir uns aktiv beteiligen konnten. Meine Bibel-App war nicht mehr nutzbar, da sich der Akku verabschiedet hatte.
Wenn ihr zusammenkommt, trägt jeder etwas bei.
Das Bibel-Wissen war faszinierend. Wir fühlten uns wie in 1. Korinther 14 Vers 26: „Wenn ihr zusammenkommt, trägt jeder etwas bei: einer einen Psalm, ein anderer eine Lehre, der dritte eine Offenbarung; einer redet in Zungen und ein anderer übersetzt es. Alles geschehe so, dass es aufbaut.“
Psalmen, Lieder, Psalmen, Jeremia, Hebräerbrief, Epheser – je nach Assoziation von Kontext oder einzelnen Worten wurde quer durch die Bibel gesprungen. Dennoch ergab sich ein sinnvoller Faden. Ich war erstaunt, wie gut und harmonisch das funktionierte. So völlig ohne Alleinunterhalter auf der Kanzel. Zwei Stunden lang.
Abendmahl
Zur Halbzeit wurde das Abendmahl gereicht. Alle zitierten die entsprechenden Bibelstellen. Knack – brach das Brot auf dem Teller. Es gab Wein und Traubensaft. Dazu Lieder und Psalmen. Danach ging das Bibelgespräch weiter.
Am Ende gab es Ansagen und Segnungen. Anschließend wurden wir persönlich nach Karlsruhe eingeladen und verließen nach einem kurzen Smalltalk die Gemeinde. Schließlich hatten wir uns um 12 mit dem Rest der Familie verabredet.
Die Schublade
Auf der Fahrt zur Kalkscheune unterhielten wir uns über das Erlebte. Im Liederbuch hatten wir keine Namen von Autoren oder Komponisten gesehen. Es waren nur Noten, Texte und Bibelstellen abgedruckt. Als Bibelübersetzungen waren Luther und eine andere Version verwendet worden. Es klang nach Elberfelder, wohl weil die Urtexte von Nestle-Aland ins Deutsche übertragen worden waren. Ganze Passagen konnte die Gemeinde gemeinsam aus dem Gedächtnis rezitieren. So etwas hatte ich bisher nur in Brüdergemeinden erlebt. Diese Schublade passte aber nicht.
Die bemerkenswerte Indizierung von gemeinde-berlin.de bei Google schien in Moabit niemanden so wirklich zu interessieren. Die Webseite muss seit zehn Jahren kein Facelifting mehr bekommen haben. Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal wurde formuliert: Nur eine Gemeinde pro Ort. Deshalb auch keine Vernetzung innerhalb der durchaus lebendigen christlichen Szene Berlins.
Vernetzung geschieht jedoch bundesweit und weltweit, wie uns die Link-Seite der Gemeinde in Karlsruhe verrät. Dort wurde dann auch eine Brücke geschlagen zu den Gemeinde-Prinzipien von Watchman Nee und dem Verlag Der Strom