Wäsche hängt auf Wäscheleine

Verkehrswahnsinn

Ein typischer Tag im Verkehrswahnsinn in Berlin und eine typische und ganz normale Situation: Ich fahre auf einer der Verbindungsstraßen vom Nachbarbezirk zu uns nach Hause. Von Weitem sehe ich schon, dass es wieder einmal einen Stau gibt. Also versuche ich an der vor mir liegenden Ampel abzubiegen, um einen Schleichweg zu nutzen. Da passiert es: 

Vor mir steht ein Auto genau in der Mitte der beiden Fahrspuren und blockiert sowohl die Spur, die geradeaus führt, als auch meine Abbiege-Spur. Soweit erst einmal nichts Ungewöhnliches. Als es aber grün wird, bewegt sich dieses Auto keinen Zentimeter von der Stelle. Ich stecke fest. Gegenverkehr kommt gerade keiner – ich könnte also locker abbiegen, wenn da nicht dieses Auto im Weg stehen würde. 

Du kannst mich mal…

Also tue ich, was ein typischer Berliner eben tut: Ich drücke (wirklich) sanft und kurz auf die Hupe. Der Wagen vor mir bewegt sich im Schneckentempo ein Stück vorwärts, sodass ich beim Abbiegen noch auf gleicher Höhe zum Stehen komme. 

Jetzt kommt Gegenverkehr, und ich muss warten. Der Wagen, der eben noch vor mir gestanden hatte, blockiert immer noch die Kreuzung. „Warum fährt der denn nicht los?“, denke ich und schaue hinüber. Im anderen Auto sitzt eine Dame mittleren Alters. Und als ich schaue, zeigt sie mir plötzlich den Mittelfinger. 

Eine ganz normale Situation an einem typischen Tag im Verkehrswahnsinn Berlin – und dennoch sagt diese Geste (die ich übrigens von einem jungen Menschen erwartet hätte, aber nicht von einer Dame, die ein gutes Stück älter ist, als ich) so einiges über uns Menschen und unseren menschlichen Charakter aus. Ich schließe mich da natürlich mit ein!

Fehler eingestehen

Wie einfach ist es, schnell mal einen Stinkefinger zu zeigen und damit zu signalisieren: „Du kannst mich mal!“? Und wie schwer ist es einzusehen, dass man selber einen Fehler gemacht hat? Wir sehen uns viel zu oft als unfehlbar an. Fehler, die mache ich nicht. Die machen nur die anderen.

Im Straßenverkehr kann man das jeden Tag erleben. Aber auch an anderen Orten, in der Familie, am Arbeitsplatz, bei Facebook, in der Politik, … Es scheint eine der eher schwereren Übungen im Leben zu sein, einzusehen, dass man einen Fehler gemacht hat und noch schwerer, dazu zu stehen und die Konsequenzen zu ziehen – zum Beispiel, sich zu entschuldigen. 

Besonders im Verkehrswahnsinn wird dann lieber schnell der Mittelfinger gehoben, anstatt eine Geste zu zeigen, die signalisiert: „Oh, sorry. Ich habe gerade geträumt, deswegen bin ich nicht losgefahren …“

Aber genau dieses Problem macht es uns schwer, geistliche Durchbrüche zu erleben. Wenn ich meine Fehler nicht sehe (oder nicht sehen will), dann kann Gott keine Korrektur vornehmen, dann irre ich weiter – wie blind – durch mein Leben. Im 1. Johannes-Brief 1, 8 (NLB) werden wir ermahnt: „Wenn wir sagen, wir seien ohne Schuld, betrügen wir uns selbst und die Wahrheit ist nicht in uns.“

Betrügen wir uns selbst?

Harte, aber sehr wahre Worte. Die Frage ist, was zuerst da war, die Henne oder das Ei: Betrügen wir uns selbst, weil die Wahrheit nicht in uns ist oder ist die Wahrheit nicht in uns, weil wir uns selbst betrügen?  

Das Ergebnis bleibt das gleiche: Wenn wir erleben wollen, dass Gott uns von Schuld befreit, dass er unser Herz, unser Gewissen und so unser Leben leichter machen will, wenn wir charakterliche Veränderungen hin zum Positiven an uns sehen wollen, dann ist es wichtig und notwendig, weder anderen Gott noch den Stinkefinger zu zeigen, sondern einzusehen: 

Ich bin, wie jeder andere Mensch auch, nicht zu 100 % gut. Auch ich mache Fehler. Auch ich brauche Vergebung. 

Dann lebt die Wahrheit in uns – und dann erleben wir, wie Gott an uns und in uns wirkt. Also – Mittelfinger brav weggesteckt. 

Denke heute einmal darüber nach, in welchen Situationen es dir schwerfällt, eigene Fehler zu sehen und einzugestehen. Und dann frage dich einmal, warum das so ist. Gott kann dein Herz verändern und es weicher und liebevoller (und damit ehrlicher) machen. 

Sei gesegnet!

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de