Merkwürdigkeiten
Sehr merkwürdiges begegnet mir dieser Tage, wenn ich die Zeitung aufschlage. Ich lese, dass in Köln die Stadtverwaltung aus Toleranz beschlossen hat, den 45 muslimischen Gemeinden in der Domstadt zu erlauben, freitags den Muezzin öffentlich zum Gebet rufen zu lassen.
Gleichzeitig lese ich, dass am Humboldt-Forum (dem Stadtschloss) in Berlin Tafeln angebracht werden, um eine alte Inschrift, die wohl von Kaiser Friedrich Wilhelm IV (1795-1861) ausgewählt wurde, zu relativieren. Wo bleibt bitte die Toleranz?
Der Ruf zum Freitagsgebet des Muezzin lautet: „Allah ist am Größten … es gibt keinen Gott außer Allah!“ Die Inschrift in der Kuppel des Stadtschlosses lautet: „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.“
Und die Aufschrift der Tafel soll lauten: „Alle Institutionen im Humboldt Forum distanzieren sich ausdrücklich von dem Alleingültigkeits- und Herrschaftsanspruch des Christentums, den die Inschrift zum Ausdruck bringt.“
Wo bitte bleibt die Toleranz?
Wir leben in merkwürdigen Zeiten. Toleranz wird in allen Bereichen großgeschrieben. Es sind Gründe der Toleranz, die die Institutionen des Humboldt-Forums dazu bringen, das herausfordernde Zitat von Kaiser Friedrich Wilhelm IV. zu kommentieren und zu relativieren.
Es sind ebenso Gründe der Toleranz, die es muslimischen Gemeinden erlaubt, den Muezzin zum Gebet rufen zu lassen – immerhin, so die Begründung, würden Kirchenglocken ja auch öffentlich läuten.
Aber irgendetwas stimmt dann doch nicht bei genauerem Hinsehen. Denn distanziert man sich beim Christentum aus Gründen der Toleranz vom Absolutheitsanspruch, so erlaubt man muslimischen Gemeinden – ebenfalls aus Toleranzgründen – einen Absolutheitsanspruch öffentlich zu machen.
Ich gebe zu, dass mich das verwirrt.
Das Zentrum des christlichen Glaubens
Wir Christen haben es in den letzten Jahren und Jahrzehnten gelernt, nicht mehr anzuecken. Nachdem, was im Namen Jesu im Dritten Reich alles verbrochen wurde, ist das auch verständlich. Vielleicht widmet sich deshalb Kirche gefühlt fast nur noch Themen, die gut ankommen: Frieden, Bewahrung der Schöpfung, Gerechtigkeit – alles sehr wichtige Themen.
Das Zentrum des christlichen Glaubens ist aber Jesus Christus selbst, von dem es noch in der 1934 verfassten „Barmer Theologischen Erklärung“ der Evangelischen Kirche in Deutschland: „Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und im Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben.“ – untermauert mit dem Ausspruch Jesu aus Johannes 14, 6: „Jesus Christus spricht: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“
Bedeutet Toleranz weggucken, nicht auffallen?
Toleranz ist etwas anderes, als sich wegzugucken und nicht aufzufallen. Das Wort „tolerieren“ hat seine Wurzel im Lateinischen „tolerare“, was so viel wie „erdulden, ertragen“ bedeutet. Das ist etwas anderes als „nicht auffallen“ oder „alles in der Welt für gutheißen“.
Und der Ruf den Muezzins? Man kann und darf hier unterschiedlicher Meinung sein – man sollte, nein muss Muslimen gegenüber tolerant sein (aber auch Toleranz einfordern) und ihnen in Liebe begegnen!
Vielleicht ist es aber gut, eines aus all dem zu lernen. Wir glauben als Christen an einen liebenden Gott, einen sich kümmernden Vater, an Jesus, der für unsere Schuld am Kreuz gestorben ist, der auferweckt wurde und bis heute lebt. Seine Botschaft gilt bis heute: „Lass dich mit Gott versöhnen!“
Anstatt sich über alles und jeden aufzuregen, täten wir gut, diesen Jesus in Liebe zu bekennen, indem wir als Christen authentisch leben, indem wir beten und nicht zuletzt, indem wir seine Botschaft verkünden und verbreiten. Jesus selbst hat einmal gesagt: „Wer sich vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde ich mich auch vor meinem Vater im Himmel bekennen“ (Matthäus 10, 32 HfA).
Genau das sollten wir wieder lernen, in Freude zu tun. Denn ein ungutes Gefühl im Magen macht, dass Ausspruch, wie bei Jesus so oft üblich – noch nicht zu Ende ist. Er fährt fort: „Wer aber vor den Menschen nicht zu mir steht, zu dem werde ich auch vor meinem Vater im Himmel nicht stehen“ (Vers 33).
Lösen wir uns von der Angst, bei anderen anzuecken oder anderen auf die Füße zu treten. Wir haben eine großartige Botschaft der Liebe, zu der es sich lohnt zu stehen!
Sei gesegnet!
Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten – https://juergens-gedanken.blogspot.com
Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de