Kämpfe ausfechten

Als ich am vergangenen Sonntag in den Gottesdienst ging, war ich eigentlich richtig gut drauf. Als dann der Gottesdienst anfing, änderte sich meine Stimmung sehr plötzlich, und ich wurde nachdenklich. Das lag nicht an der großartigen Predigt, viel früher setzte dieses Gefühl ein, gleich am Anfang, als wir die ersten beiden Lieder sangen.

 

Der erste Song („Battle Belongs“) handelte davon, dass ich Gott meine Kämpfe ausfechten lasse, die mir im Alltag begegnen, dass ich auf Gottes Sieg schaue und nicht auf die Widerstände, die sich mir in den Weg stellen.

Der Refrain lautet:

So when I fight, I’ll fight on my knees – wenn also ich kämpfe, dann kämpfe ich auf den Knien 
With my hands lifted high – mit erhobenen Händen,
Oh God, the battle belongs to You – oh Gott, der Kampf gehört Dir.
And every fear I lay at Your feet – Und jede Angst lege ich vor Deine Füße
I’ll sing through the night – ich singe die ganze Nacht hindurch
Oh God, the battle belongs to You – oh Gott, der Kampf gehört Dir.

Ein wundervolles Lied mit einer großartigen Melodie und einem noch großartigerem Text. Aber in mir wurde ein Gedanke immer stärker, der mich nicht losließ. Ich bekenne am Sonntag etwas mit dem Mund, aber hat das dann Montag in meinem Alltag auch Bestand?

Ich weiß doch, was für ein kleiner Angsthase ich sein kann. Und wenn Sorgen oder Probleme bei mir an die Tür klopfen, dann gerate ich schnell in Panik, als ich auch nur die Chance hätte, auf die Knie zu gehen. 

Auf der einen Seite singe ich solche Lieder, weil sie mir Mut machen, auf der anderen denke ich: Ich singe sie im Gottesdienst doch auch Gott zu. Was muss er denken, wenn ich ihm großartige Glaubensbekenntnisse bringe, er aber genau weiß, dass ich sie nicht so meine. 

Treu oder nicht treu

Wie würden wir uns fühlen, wenn uns jemand sagen würde: „Ich habe dich echt gern. Ich verlasse mich zu 100 % auf dich und vertraue dir!“ – wir aber genau wissen: Eigentlich meint er es nicht so? Mir kam ein Ausspruch von Jesus in den Sinn, den der zwar im Zusammenhang mit dem Umgang mit Geld so gesagt hat, der aber in alle Bereiche unseres Lebens passt. Er sagt:

„Nur wer im Kleinen treu ist, wird es auch im Großen sein. Wenn ihr bei kleinen Dingen unzuverlässig seid, werdet ihr es auch bei großen sein“ (Lukas 16, 10 HfA).

Nun kann man aus diesen Worten im Zusammenhang mit Sorgen, Problemen und Ängsten den falschen Schluss ziehen. Wenn ich bei kleinen Problemen treu bin und das tue, was ich zu Gott singe, nämlich ihn kämpfen lasse, dann kann ich damit rechnen, dass Gott mir große Probleme auferlegt. 

Das mag im Einzelfall stimmen, ist aber nicht gemeint. Vielmehr frage ich mich: Wenn mein Bekenntnis und mein Herz so oft nicht deckungsgleich sind, kann es sein, dass ich mir damit selbst einen Weg verbaue, den Gott eigentlich für mich geebnet hat?

Wenn du eine Firma hättest, wem würdest du mehr Verantwortung übergeben, jemandem, der treu ist, auf dessen Wort du dich verlassen kannst oder jemandem, der viele nette Worte nutzt, aber dir in seinem Alltag zeigt, dass er deinen Entscheidungen oft nicht traut, der lieber selbst macht, der seine eigenen Wege geht. 

Gott vertrauen – oder nicht?!

Manchmal frage ich mich: Wenn ich bereit wäre, Gott mehr zu vertrauen, würde er mir dann mehr in meinem Leben anvertrauen? Kann es sein, dass ich deswegen manchmal so kleine Brötchen backe, weil Gott weiß, ich wäre auch bei großen Dingen nicht verlässlich?

Die wichtigste Frage aber lautet: Wie gehe ich damit um, wenn ich das erkannt habe? Ich könnte aufhören zu singen. Das habe ich am Sonntag dann getan, weil es dran war nachzudenken. Ich könnte und sollte mich fragen, warum mein Glaube so wenig Fundament hat und ich so schnell ins Schwanken komme. 

Vielleicht sollten wir mit Gott einfach mal darüber reden, warum wir singen, was wir singen. Warum wir dann manchmal im Alltag im Kleinen untreu sind, obwohl wir ihm vom Grundsatz her doch trauen. 

Und vielleicht sollten wir ihn bitten, uns zu zeigen, was der Grund dafür ist, dass wir dann doch immer wieder nach rechts und links schauen und nicht zu ihm. 

Das würde unserer Beziehung zu Gott guttun, denn Gott würde solch ein Gespräch garantiert nicht unbeantwortet lassen. Es würde aber auch uns und unserem Leben guttun, denn wenn wir solche Vertrauenslieder nicht nur singen, sondern sie wirklich auch so meinen – und nicht nur am Sonntag, sondern dann auch am Montag und Dienstag und … – dann können wir unser Leben viel mehr genießen. 

Treu oder nicht treu …

Denn dann ist unser fester Anker wirklich fest, unsere feste Burg nicht nur aus Sand gebaut, unser Fundament ewig und nicht aus brüchigem Kalk. Treu oder nicht treu, das ist hier die Frage. 

„Der Glaube ist das unglaubliche Abenteuer des Vertrauens auf Gott“ (Corrie ten Boom).

Sei gesegnet!

 

 

Weitere Gedanken und einen Song zum Tag gibt es hier: – zum selbst Lesen oder Weiterleiten https://juergens-gedanken.blogspot.com

Jürgen Ferrary für GottinBerlin.de